Month: September 2005

Wer ist Deutschland?

Laut der gestern erst­mals geschal­teten Medi­en-Ini­­ti­a­­tive »Du bist Deutsch­land« lässt sich diese Frage recht ein­fach beant­worten. 25 Medi­enun­ternehmen und ein Dutzend Promi­nente haben einen Werbespot für Deutsch­land gedreht — ger­ade in ein­er Sit­u­a­tion, in der ohne­hin nicht klar ist, wer dieses Land wie weit­er­brin­gen kann. »Ziel der Kam­pagne ist es, in Deutsch­land eine neue Auf­bruch­stim­mung zu erzeu­gen«, so Organ­isator Bernd Bauer. Vor­bildlich waren dabei die Mitwirk­enden. Wed­er die Akteure, noch die Agen­turen von Ber­tels­mann und Jung von Matt sehen einen Pfen­nig Geld, auch Hon­o­rare für die son­st übliche Wer­bezeit wer­den nicht berech­net. Eine Kalku­la­tion schätzt den tat­säch­lichen Wert der gesamten Kam­pagne auf 30 Mil­lio­nen Euro. Fraglich ist, ob das Konzept aufge­ht und durch solche Kam­pag­nen (»Du bist Deutsch­land« läuft vier Monate lang auf allen wichti­gen Sendern) tat­säch­lich mehr Engage­ment und Auf­bruchsstim­mung entste­hen kann. Immer­hin, der Spot ist gelun­gen. Nicht zuviel Pathos, größ­ten­teils glaub­würdi­ge Promi­nente und ein guter Plot. Also denn, Du bist Deutsch­land! Nach­trag 20.37 Uhr: Der Spot zeigt Wirkung. Zurzeit scheint die Inter­net­seite des Pro­jek­ts auf­grund zu viel­er Zugriffe nicht erre­ich­bar zu sein.

Guggenheim 2006

Nach MoMa 1992 und 2004 kommt im näch­sten Jahr ein weit­eres der inter­na­tion­al hochrangi­gen Museen nach Deutsch­land. Von Juli 2006 bis Jan­u­ar 2007 wird die Guggen­heim Foun­da­tion in der Bun­deskun­sthalle in Bonn weilen und Schätze der mod­er­nen Kun­st aus ihren fünf Häusern (New York, Bil­bao, Las Vegas, Venedig, Berlin) mit­brin­gen. Das ver­spricht so promi­nente Kün­stler wie Picas­so und Kandin­sky, van Gogh, Manet und Cha­gall, Mark Rothko, Licht­en­stein und Warhol, Richard Ser­ra oder Nam June Paik. Auf 6000 Quadrat­metern und über sechs Monate wird beina­he die gesamte klas­sis­che Mod­erne in Bonn vertreten sein. Vor allem aber bedeutet das ver­mut­lich einen ähn­lichen Besucheran­drang wie in Berlin und stun­den­lange Wartezeit­en. Eine inter­es­sante Vari­ante bietet die Ausstel­lung zwis­chen August und Novem­ber 2006: Neben der Samm­lung zeigt die Foun­da­tion dann ihre his­torische und architek­tonis­che Seite. Alle Visio­nen und Pro­jek­te, ob real­isiert oder nicht, wer­den in einem eige­nen Kon­text gezeigt. Guggen­heim als wel­tumspan­nen­des Netz kul­turellen Aus­tauschs. Eine inter­es­sante Aus­sage hat Thomas Krens, Direk­tor der Foun­da­tion schon heute in der Pressekon­ferenz getätigt, die sich­er auch die Ver­ant­wortlichen in der Kun­sthalle gefreut haben …

Kreativer Protest

Wenn Parteien die Wahlwer­bung der Kon­tra­hen­ten kopieren oder auss­chlacht­en, so mag das den ein oder anderen Bürg­er über die nicht vorhan­de­nen Inhalte hin­wegtäuschen, mag so manch­es Ablenkungs­man­över funk­tion­ieren. Wenn aber der Bürg­er selb­st zur Tat schre­it­et und Wahlwer­bung verän­dert, dann kann das schon­mal eine Ausstel­lung füllen. So wie die Fotografien von FC Gund­lach, auf denen er zer­störte, bemalte, ver­fremdete Wahlplakate aus 30 Jahren Bun­destagswahlkampf fest­ge­hal­ten hat und die noch bis zum 29. Sep­tem­ber im Hüh­n­er­posten am Ham­burg­er Haupt­bahn­hof zu sehen sind. Adbust­ing heißt die Proze­dur im heuti­gen Sprachge­brauch, die sich inzwis­chen zu ein­er Art Sub­kul­tur entwick­elt hat. Ganze Teams arbeit­en die Umgestal­tun­gen aus, nicht das ein­fache Zer­stören, son­dern das Iro­nisieren ist vor­rangiges Ziel der Adbuster. Und so sind die Poli­tik­er auch nur das momen­tane, weil dankbare Lieblingsziel der Adbuster, die son­st auch vor kom­merzieller Wer­bung nicht zurückschreck­en. Gefährlich bleibt dieses »Hob­by« nach wie vor, stellt es doch keine bloße Sachbeschädi­gung dar, son­dern im Falle der Wahlwer­bung gar eine poli­tisch motivierte Straftat, die den Staatss­chutz auf den Plan rufen kön­nte. Suber­sives Deutsch­land, so kurz vor der Wahl.

Google sucht weiter

Wie Heise meldet, hat Google seinen — längst über­fäl­li­gen — Blog-Such­di­enst blogsearch.google.com (inzwis­chen wieder offline) als Beta in Betrieb genom­men. Zusät­zlich zum bekan­nten Stan­dard bietet Google alle Ergeb­nisse auch im RSS-For­­mat an. Bish­er wur­den nur Post­ings ab Juni 2005 index­iert, im Laufe der Zeit sollen jedoch auch ältere Ein­träge aufgenom­men wer­den. Spätestens seit Google vor zwei Jahren mit Pyra Labs den Betreiber des Blog-Dien­stes blogger.com über­nom­men hat, dürfte eine solche Suche auch im Eigen­in­ter­esse von gewiss­er Bedeu­tung sein.

Einsatz

Beamte der Berlin­er Staat­san­waltschaft haben gestern die Redak­tion­sräume des Polit­magazins »Cicero« durch­sucht, Unter­la­gen beschlagnahmt und den Redak­tion­sall­t­ag für einen hal­ben Tag lah­mgelegt. Der Grund dafür war ein Artikel des Jour­nal­is­ten Bruno Schirra über Abu Mussab al-Sarkawi, indem Schirra aus BKA-Akten zitiert hat­te, die mit dem Ver­merk »VS — nur für den Dien­st­ge­brauch« verse­hen waren. »Cicero«-Chefredakteur Wol­fram Weimer äußerte sich bish­er nur recht vor­sichtig, der Sprech­er des Ver­ban­des Deutsch­er Zeitschriften­ver­leger, Ste­fan Michalk, sieht den Vor­fall jedoch als Ver­stoß gegen die Presse­frei­heit. Bish­er scheint kein Mit­glied der »Cicero«-Redaktion ver­hört, geschweige denn angezeigt wor­den zu sein. Es bleibt also abzuwarten, welche Vor­würfe Bruno Schirra im Einzel­nen gemacht werden.