Month: November 2005

Anti-Barbie

Bar­bie hat Konkur­renz bekom­men, weniger auf Ihrem Heimat­markt, als in der mus­lim­is­chen Welt. Ful­la heißt sie und hat mit dem amerikanis­chen Vor­bild einiges gemein. Stan­dard­fig­ur, hüb­sches Gesicht, voll aus­ges­tat­tet mit dem, was eine Dame so braucht — nur gibt es für sie eben Kopf­tuch und Abba­ja statt knap­per Röcke und schick­er Oberteile. In ara­bis­chen Spiel­waren­lä­den verkauft sich die seit zwei Jahren erhältliche Ful­la inzwis­chen sog­ar bess­er als das berühmte Orig­i­nal. Doch streng gläu­bige Mus­lime laufen Sturm gegen das kleine Spielzeug, sehen sie doch die Gefahr, dass Ful­la ihre Prinzip­i­en unter­wan­dern kön­nte, während andere Men­schen durch den Erfolg die Reis­lamisierung der ara­bis­chen Welt bestätigt sehen. Einen Ken gibt es für Ful­la übri­gens noch nicht, was daran liegen kön­nte, das die Eltern der jun­gen Dame fehlen, die für die Auswahl des passenden Ehe­manns sor­gen kön­nten. Aber dieses Prob­lem wird der wach­sende Erfolg sicher­lich auch noch in den Griff bekommen.

Cantate Domino

Vor etlichen Jahren hat eine mein­er Plat­ten auf ver­mut­lich dreiste Art den Weg von meinem Regal in fremde Hände gefun­den. Heute ist sie zurück­gekehrt, per Ver­sand. Pünk­tlich einen Tag vor dem 1. Advent liegt »Can­tate Domi­no« wieder vor mir, die nach wie vor beste Wei­h­­nachts-CD, die je pro­duziert wor­den ist. Bis heute gel­ten die Pro­duk­te des Labels »Pro­prius« als klan­glich unerr­e­icht. In der leg­endären Auf­nahme aus dem Jahr 1976 (Auf­nah­megerät: Revox A77 und nur zwei (!) Mikro­fone) spie­len und sin­gen Oscars Motet­tkör aus Stock­holm, Alf Lin­der an der Orgel und Mar­i­anne Mell­näs als Sopran. Dirigiert wer­den die Stücke von Torsten Nill­son. Heute ist dieses schöne Stück oft nur noch als SACD zu bekom­men, doch tat­säch­lich gibt es noch einen kleinen, feinen Ver­sand, der die zulet­zt 1993 als reg­uläre CD pro­duzierte Scheibe anbi­etet (und dazu noch unfass­bar schnell liefert). Besten Dank also an Chateau Disc in Nürn­berg für schöne, besinnliche Stun­den. Ein Tip zum Rein­hören für alle, die diese unglaubliche Plat­te nicht ken­nen, ist Track Num­mer 9: »Jul­sång« von Adolphe Adam (1803–56). Wer sich von diesem …

Das gibt zu denken

Neulich im Chat: Weit­ere unfass­bare Beispiele für die Umgangs­for­men der Inter­net-Gen­er­a­­tion find­en sich unter german-bash.org. Von heit­erem Müt­ter-Beschimpfen bis zur Diskus­sion darüber, ob Män­ner Lin­ux ähneln und Frauen MacOS. Wahnsinn … Trotzen­dorffs Lieb­ster kommt gle­ich hier:

Lesestoff

Heute ist frisches Mate­r­i­al für mein Bücher­re­gal angekom­men. Die Neuer­schei­n­un­gen »Good­bye Tristesse« von Camille de Tole­do und »Kol­laps« von Jared Dia­mond zieren seit eini­gen Minuten die Bücher­rei­hen. Tole­dos Werk wurde von der Süd­deutschen Zeitung bere­its als Nach­fol­ger von »Gen­er­a­tion Golf« gerühmt, jedoch als lei­den­schaftlich­er und poli­tis­ch­er. Es ist der Ver­such ein­er Rebel­lion, gegen den Kom­merz und das Unwohl­sein inner­halb der kap­i­tal­is­tis­chen Gesellschaft. Über­set­zt wurde das Buch übri­gens von »Zonenkinder«-Autorin Jana Hensel. »Kol­laps« (Unter­ti­tel »Warum Gesellschaften über­leben oder unterge­hen«) zeich­net die Wege nach, die Impe­rien in Rich­tung ihres Unter­gangs beschrit­ten haben. Darauf auf­bauend will uns der Autor mit­teilen, ob wir ein­er ähn­lichen Gefahr aus­ge­set­zt sind oder ob es in unser­er Hand liegt, die Zukun­ft zu bes­tim­men. Auf den ersten Blick mag das nach typ­isch amerikanis­ch­er Sen­sa­tion­slit­er­atur klin­gen, doch einige Stim­men zum Buch machen mehr als neugierig. »Kol­laps hat den Mut, endlich all die span­nen­den Fra­gen zu stellen, die lei­der nur sel­ten laut geäußert wer­den und noch sel­tener beant­wortet wer­den« (Gert Sco­bel, 3Sat Kul­turzeit). Ich bin neugierig, ob Dia­mond Antworten findet.

Wo warst Du?

Das Vorurteil des prü­den, lang­weili­gen Amerikan­ers hält sich hart­näck­ig in unseren Köpfen. Aber denkste! Was Mer­lin Bron­ques auf seinen Streifzü­gen durch die Nächte von Los Ange­les oder New York vor die Linse bekommt, sieht alles andere als zum Gäh­nen aus. Durchgek­nallte Transen, knutschende Massen, skur­rile Charak­tere und — nur hier und dort — ein wenig Exhi­bi­tion­is­mus. Alles verse­hen mit einem großen Ätsch-Bätsch in Form der Frage »where were you last night?«. Kein Wun­der, han­delt es sich bei den abgelichteten Ereignis­sen um solch illus­tre Ver­anstal­tun­gen wie die Release-Par­­ty des Hard­­core-Streifens »Joanna’s Angels«. Durch­weg sehenswerte Fotos hat Mer­lin da zus­tande gebracht. Und ein Blick über den Teller­rand hat ja noch nie­man­dem geschadet. Aber… Wo war ich eigentlich let­zte Nacht?!