Month: October 2006

Erde an Canton

Lange Zeit hat­ten High-End-Puris­ten ein ziem­lich ärg­er­lich­es, weil nicht zu lösendes Prob­lem: Wie bekommt man aus einem Laut­sprech­er einen wohlk­lin­gen­den Hör­genuss her­aus­gek­itzelt, ohne dafür meter­weise und dazu noch teure Kabel ver­legen zu müssen? In den let­zten Jahren kamen schließlich ultra­flache Leit­er auf den Markt, die zwar nicht mehr an der Wand ent­lang, son­dern unter der Tapete ver­legt wer­den kon­nten — ver­legt wer­den aber mussten auch sie noch. Nun hat sich Deutsch­lands Vorzeige­pro­duzent für High-Fideli­­ty, die im hes­sis­chen Weil­rod ansäs­sige Fir­ma Can­ton dieses Prob­lems angenom­men und das Laut­sprech­er­set CD 3500 auf den Markt gewor­fen, das sich die nöti­gen Dat­en via Fun­kleitung von einem kleinen Sender schick­en lässt. Und was kann man heute, zur Freude aller Inter­essierten, in der FAZ lesen? Die bei­den schlanken Säulen spiel­ten in bester Can­­ton-Manier auf, »mit blitzblanken Höhen, einem angesichts der kleinen Chas­sis (…) über­raschend kräfti­gen und trock­e­nen Tief­baß, bester Räum­lichkeit und bestechen­der Dynamik«. Das klingt nach einem Ver­sprechen. Nur, dass neben dem kräfti­gen und trock­e­nen Tief­baß auch der entsprechend kräftige und trock­en kalkulierte Preis von 2400 Euro ste­ht. Aber wer stört sich …

Retrosensibilismus

Gle­ich zwei Mails mit gle­ichem Inhalt haben mich heute mor­gen erre­icht, der Anlass ist eigentlich ein schön­er: Am Woch­enende find­et in Sid­ney die Welt­meis­ter­schaft der Fahrrad­kuriere statt. Im Som­mer, bei den Deutschen Meis­ter­schaften in Köln und der ECMC in Helsin­ki, war eine junge Kol­le­gin vom Deutsch­landra­dio vor Ort, um im Hin­blick auf Sid­ney eine Reportage über die Kuri­er­szene zu machen. Die ist jet­zt fer­tig und auch im Inter­net zu hören und wen erlausche ich beim Durch­hören auf diesem Band? Mich. Zwar hat mich Frau Bet­ti­na Rit­ter aus Verse­hen im O‑Ton halb­nackt an den Strand von Helsin­ki ver­frachtet, obwohl sie mich in Köln inter­viewt hat (und ich im Übri­gen auch in diesem Som­mer nicht in Helsin­ki war, noch nicht ein­mal bek­lei­det), das macht aber auch nicht viel, es ist ein toller Beitrag gewor­den. Rein­hören lohnt sich für alle, die mal ein wenig mehr über die abson­der­liche Spezies Fahrrad­kuriere wis­sen wollen. Bei mir kommt eine Menge wieder hoch — der Drang, auf’s Rad zu steigen, Sehn­sucht nach den guten alten Zeit­en, nach Abgasen und ver­schwitzten Trikots, nach Gegenverkehr …

In the red

Der Herb­st ist da, die Blät­ter fall­en, und während Hari­bo Kas­tanien hort­et, warten zu Hause gemütlich Abende und heißer Tee. Passend dazu hat die dänis­che Sän­gerin Tina Dico ger­ade ihr erstes Album her­aus­ge­bracht. Und auch, wenn der Titel »In the red« (»Im roten Bere­ich«) ziem­lich in die Irre führt, hat es die Plat­te in sich. Kuschel­we­iche Melan­cholie, unangestrengter Folkpop mit toller Stimme vor­ge­tra­gen, was will man mehr? Keine hochgesteck­ten Ambi­tio­nen, keine großen Erwartun­gen, ein­fach eine Plat­te, um lange Tage mit noch län­geren Aben­den ausklin­gen zu lassen. Dabei hat die 23-Jährige dur­chaus einiges auf dem Kerb­holz: In Däne­mark kurz­er­hand U2 und Cold­play in den Charts ent­thront, Musikpreise als Best Song­writer (beim Dänis­chen Gram­my) sowie Beste Kom­pon­istin (Dan­ish Music Crit­ics Award) abges­taubt und bere­its ein eigenes Label gegrün­det. Das alles scheint sie gut zu verkraften, das zeigt das Album. Auch, wenn man es sich leis­ten kön­nte — es muss nicht immer Extrav­a­ganz sein…

Heute schon gescheitert?

Erfolg ist eine unglaublich lang­weilig Sache. Nicht nur für Außen­ste­hende, auch für den Erfol­gre­ichen selb­st. Auf­grund dieser Tat­sache und natür­lich auch wegen des großen Erfol­gs geht »Die Show des Scheit­erns« in zweite Runde. Ken­nen Sie nicht? Soll­ten Sie aber. Frei­willige bericht­en über Vorhaben und Pro­jek­te, die nicht zus­tande kamen: Ver­sandete Geschäft­sideen, ein unvol­len­de­ter Roman oder ein anfäl­liges Entwässerungssys­tem für den Garten. Die Botschaft lautet: Scheit­ern ist etwas Sym­pa­this­ches, für das man sich nicht zu schä­men braucht. Im Gegen­teil, nur wer etwas ver­sucht, kann auch scheit­ern. Belastet Sie ein unvol­len­detes Werk? Dann sprechen Sie darüber. Wägen Sie ab, ob an der Sache noch was dran ist, oder ob Sie sich während der Show in ein­er rit­uellen Ver­nich­tung endgültig davon ver­ab­schieden wollen. Das alles find­et Platz im Kamp­nagel in Ham­burg, willkom­men sind Pro­jek­te aller Art: Kün­st­lerische, tech­nis­che, wirtschaftliche, soziale oder Freizeit- und Bastel­pro­jek­te. Also denn, gehen Sie mal wieder vor die Tür, erleben Sie eine ver­nich­t­ende Nieder­lage und genießen Sie — später im Kamp­nagel — den Erfolg des Gescheitertseins.

Call for entries

Nur noch bis über­mor­gen (6. Okto­ber) lädt das Bon­ner Vide­ofes­ti­val Videonale 11 Kün­st­lerIn­nen ein, sich mit ein­er Videoar­beit aus den let­zten drei Jahren für den offe­nen Wet­tbe­werb zu bewer­ben. Die von ein­er inter­na­tionalen Fachjury aus­gewählten Arbeit­en wer­den vom 15. März bis zum 15. April 2007 im Kun­st­mu­se­um Bonn in ein­er vier­wöchi­gen Ausstel­lung präsen­tiert. Bei der Eröff­nung (14. März 2007) wird der Gewin­ner des Videonale-Preis­es bekan­nt­gegeben. Ziel des renom­mierten Videokun­st­fes­ti­vals ist es, aktuell­ste Posi­tio­nen von Videokun­st in ein­er vier­wöchi­gen Ausstel­lung zu zeigen. Das Rah­men­pro­gramm behan­delt in unter­schiedlichen Schw­er­punk­ten the­o­retis­che und prak­tis­che Fragestel­lun­gen zum The­ma Videokun­st. In Work­shops, Experten-Vorträ­­gen und aus kün­st­lerisch­er Sicht wer­den die Beson­der­heit­en von Video als kün­st­lerisches Medi­um in Bezug zu anderen Medi­en der bilden­den Kun­st the­ma­tisiert. Schw­er­punkt der Work­shops sind Fra­gen des Copy­rights und der Restau­rierung, sowie deren Auswirkun­gen auf Ausstel­lung­sorte und Samm­lun­gen. Anknüpfend an die let­zte Videonale wird die Frage der adäquat­en Präsen­ta­tion von Videokun­st in klas­sis­chen muse­alen Räu­men gestellt und eine mögliche Antwort in der aktuellen Präsen­ta­tion der Videonale 11 ver­wirk­licht. Die gut 20-jährige Geschichte der Videonale begann 1984 im Bonner …