Stöckchen sind böse. Eigentlich. Sie schwirren durchs Netz und treffen unbescholtene Bürger unerwartet an Stellen, an denen es weh tut. Nur in den seltensten, rarsten und kostbarsten Momenten werden Stöckchen geworfen, die es wert sind, gefangen zu werden. Oder — wenn man gar nicht beworfen wurde — die es wert sind, dass man sie vom Wegesrand aufliest. Dieses Stöckchen von Anne und Johannes ist so eins. Ich mag es. Und deshalb lesen Sie gerade diesen Text — über 20 Dinge, die Sie von mir (vielleicht) noch nicht wussten.
- In der Grundschule habe ich für eine kurze Zeit geglaubt, eine ganze Menge Zweitnamen zu haben. Nachdem ich nämlich gehört hatte, dass Kinder diese manchmal in Anlehnung an Onkel oder Tanten bekommen, war ich für einige Tage überzeugt, »Florian Klaus Jochen Dieter Karen« zu heißen. Ich glaube mich zu erinnern, dass ich glücklich war, als ich erfuhr, dass dem gar nicht so ist.
- Überhaupt habe ich in der Grundschule eine ganze Menge geglaubt — und nicht immer war das gut. Etwas länger als einige Tage beispielsweise war ich sicher, mein Großvater müsse Jude gewesen sein, weil er in Buchenwald ums Leben gekommen ist. Das Todesjahr 1947 hat mich in dem Alter nicht wirklich stutzig gemacht und so lernte ich erst etwas später, dass er als Nationalsozialist von den Russen bei Kriegsende verhaftet und im Speziallager Nr. 2 interniert wurde und dort an einer Lungenentzündung gestorben ist.
- Ich erinnere mich noch genau an den Moment, in dem ich Angst vor dem Tod bekam.
- Ich besitze ein paar Frauenschuhe. Na gut. Es sind Sneaker.
- Zum 60. Geburtstag von Hans-Dietrich Genscher habe ich mit Lehrern und Schülern meiner Grundschule vor seinem Haus gestanden und ihm ein Ständchen gebracht. Wir hatten Fackeln in der Hand.
- Ich hatte nie einen Game Boy.
- Es gibt Geräusche und Gerüche, die mich im Bruchteil einer Sekunde in meine Kindheit zurückversetzen. Überhaupt lebe ich mehr im Gestern als im Heute oder Morgen. Und: Ich mag das — meistens.
- Meine Lieblingsarbeiten im Haushalt sind Staubsaugen und Bügeln.
- Ich telefoniere nicht gerne — und ich öffne nicht gerne Briefe. Wahrscheinlich, weil man die meisten davon irgendwo abheften muss.
- Meine Tante sagt, ich sehe meinem Großvater sehr ähnlich.
- Ich kann nicht verstehen, dass Menschen bei Fernsehwerbung wegzappen. Ich mag Fernsehwerbung — schon immer.
- Ich halte die 80er für das beste Jahrzehnt, dass es je gegeben hat. In allen Belangen — Musik, Kino, Mode. Die 80er waren goldene Zeiten.
- Den Verlobungsring für meine Frau habe ich bei H&M in Wien gekauft. Am Tag nach dem Heiratsantrag.
- Ich wäre gerne Orgelbauer geworden. Rückblickend aber war ich für diesen Schritt wohl zu feige. Genauso wie für den Schritt, ein Auslandssemester einzulegen oder mal die Uni zu wechseln. Drei Dinge, die ich bereue — obwohl ich glücklich bin.
- Ich kämpfe — wo ich kann — für das Überleben des Gedankenstrichs. Obwohl ich lieber den — eigentlich falschen — Geviertstrich statt des Halbgeviertstrichs benutze.
- Ich war neun Jahre Fahrradkurier und habe an einer deutschen, zwei Europa- und einer Weltmeisterschaft teilgenommen. Das ging gut, weil es bei diesen Events keine Qualifikation gibt. Größter Erfolg: »Best out of town« mit dem Team beim Alleycat der WM 2002 in Kopenhagen. Außerdem: Letzter im Uphill-Sprint bei der EM 2005 in Basel.
- Wenn es einen nicht mehr lebenden Menschen gibt, den ich gerne kennengelernt hätte, dann ist es Erich Kästner. Ich verehre ihn.
- Vom Kiffen werde ich sehr, sehr müde. Wahrscheinlich habe ich das deshalb seit mehr als 15 Jahren nicht mehr gemacht.
- Noch bis vor wenigen Jahren wollte ich auf jeden Fall drei Kinder. Zwei Mädchen und einen Jungen. Heute will ich keine Kinder mehr.
- Ich halte Melancholie für den wichtigsten Gemütszustand.
Nachtrag, 11. Oktober 2013, 17:18 Uhr: Nachdem ist erschreckt feststellen musste, dass ich das Stöckchen nicht — wie es sich gehört — weitergeworfen habe, möchte ich das nachholen. Frau Meike? Würden Sie?
Das ist ein schönes Stöckchen! Ich lese mich gerade von Blog zu Blog weiter.
Die #3 könnte bei mir genau so stehen. Ich war neun.
Und ich finde noch weitere Parallelen. Das mag ich :)
:-)
Stelle beim Lesen einmal mehr fest, wie sehr ich Dich schätze. Auch wenn wir uns gar nicht wirklich gut kennen. Aber das ist ja nicht unbedingt zwingend für Wertschätzung.
:-)
Irgendwie sehr inspirierend diese Stöckchen-Geschichte. Ich konnte mich dem (und anderem) jedenfalls nicht vollständig entziehen:-)