Der Eklat im Frankfurter Schauspiel um den Kritiker Gerhard Stadelmaier und den Schauspieler Thomas Lawinky ist derzeit ein beliebtes Thema der Feuilletonisten. Bei der Art aber, wie darüber berichtet wird, kann einem anders werden. Es geht in diesem Fall ja nicht um irgendeinen Ausrutscher, sondern um einen aggressiven, tätlichen Angriff auf einen Zuschauer und Journalisten. Der jedoch erntet derzeit mehr Häme als Verständnis, der Schauspieler mehr Verständnis als Kritik.
Das mag zum Einen am Neid liegen, den viele Kollegen Gerhard Stadelmaier, gerade als Autor der FAZ, entgegenbringen. Alan Posener, Kommentarchef der Welt am Sonntag hat in seinem Weblog nichts Besseres zu tun, als über die Macht der FAZ zu lamentieren und spricht davon, Lawinky habe Stadelmaier »angepöbelt«. Er selbst wäre wahrscheinlich seelenruhig sitzengeblieben und hätte sich im Zweifel auch noch anspucken lassen. Im Namen der Freiheit der Kunst. Bravo.
Die Frankfurter Rundschau, das mag man noch verstehen als direktes Konkurrenzblatt, spielt den Vorfall herunter und schreibt: »Der einzige besondere Vorfall war, dass ein Kritiker, dem Thomas Lawinky kurzzeitig den Schreibblock wegnahm, die Premiere verließ und sich hinterherschimpfen lassen musste.«
In verschiedenen Weblogs lautet der Tenor ähnlich. Neidisch wird da beispielsweise von derverletzten Eitelkeit eines Kritikers gesprochen, der sich vermutlich zur selbsternannten kulturellen Elite des Landes zähle. Ist es denn wirklich so schwer, einen guten und einflussreichen Journalisten ernstzunehmen, obwohl man weiß, dass man selbst nie soweit kommen wird? Ist man einfach nur neidisch darauf, dass man selbst mit Sicherheit nie Opfer einer solchen Aufmerksamkeit werden würde? Nun weiß ich, dass Kunst und Theater einiges dürfen und das ist auch richtig. Sie dürfen schockieren, provozieren und Ekel erregen. All das wissen die Theatermacher und Künstler und reizen es genussvoll aus. Eines jedoch, und das sollte für Kritiker wie auch für normale Besucher gelten, ist tabu und das ist der tätliche Angriff. Das Publikum und die Journalisten haben sich dem Regisseur und seinen Schauspielern für die Zeit der Aufführung anvertraut, sich in seine Gewalt begeben. Das sollte man nicht leichtfertig ausnutzen.