Reise, Reise
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It Must Be a Delightful City

Luftaufnahme einer typischen Holzhaus-Siedlung im Stadtteil »The Mission« in San Francisco

Wie nah Tristesse und Euphorie doch manch­mal beieinan­der liegen. Da draußen vor meinem Fen­ster wird es trüber und käl­ter, vor ein paar Tagen noch hat mich meine Steuer­erk­lärung beschäftigt und in mein­er Time­line regt man sich immer noch darüber auf, dass es jet­zt schon Wei­h­nacht­sar­tikel in den Super­märk­ten gibt. Doch in meinem Postein­gang, da liegt sie — die Mail mit der Buchungs­bestä­ti­gung. 13,3 Kilo­byte Abenteuer.

»It’s an odd thing, but any­one who dis­ap­pears is said to be seen in San Fran­cis­co. It must be a delight­ful city and pos­sess all the attrac­tions of the next world.«
Oscar Wilde

Mit 35 habe ich von der Welt schon einiges gese­hen, ich habe wohl ein gutes Dutzend Län­der bereist und noch mehr Städte, ich kenne Deutsch­lands Nor­den und Osten, vor allem aber den West­en und ein biss­chen auch den Süden. Doch über Europa hin­aus gekom­men bin ich bis heute erst auf ein­er einzi­gen Reise. Auf der habe ich auf ein­er Ter­rasse in Beyler­beyı gesessen, einem der asi­atis­chen Stadt­teile von Istan­bul, ich habe Rakı getrunk­en und Tavla gespielt oder bin durch Üskü­dar geschlen­dert, dieses weitläu­fige Vier­tel mit dem Çam­lı­ca-Hügel und dem Lean­der­turm. »Ich war in Asien«, kann ich heute sagen — mich dabei aber selb­st nicht ganz ernst nehmen.

Doch in den 13,3 Kilo­byte Aben­teuer in meinem Post­fach ste­ht der Name ein­er Stadt, die tat­säch­lich auf einem anderen Kon­ti­nent liegt: San Francisco.

»Hier siehst du auch Leute mit Vögeln auf der Schul­ter oder Men­schen, die sich nur tanzend fort­be­we­gen, aber eben nicht so, dass du denkst, sie sind hän­gen geblieben, son­dern die sind ein­fach so!«
Moritz Stück­ler: »10 Tage — 10 Eindrücke«

Jet­zt würde ich gerne in Ihren Kopf guck­en kön­nen — und ein biss­chen von dem Kino miter­leben, das da ger­ade abläuft. Ein biss­chen Straßen­bahn fahren in einem der Cable Cars, von »Hyde & Beach« nach »Cal­i­for­nia & Drumm«. Die Gold­en-Gate-Bridge fotografieren und mir mit Ihnen den Küsten­wind um die Ohren wehen lassen. Durch Alca­traz streifen und an »Point Blank« oder »The Rock« denken – oder auf die Twin Peaks klet­tern und fest­stellen, dass »Twin Peaks« gar nicht hier gedreht wurde — son­dern in Snoqualmie.

Ich bin aufgeregt wie nie — aber ich fliege zu Freunden

Wie auch Istan­bul gehört San Fran­cis­co zu den Städten, deren Klis­chees stärk­er sind als die Wirk­lichkeit — am Ende sind bei­de Metropolen weit mehr als die Summe ihrer Stadt­teile. Doch ist das vielle­icht das Schön­ste an dieser Reise, die eigentlich eine Dien­streise ist: dass ich sich­er bin, ein Stück weit auch das wahre Gesicht dieser Stadt zu erleben. Denn vor mir war Moritz in San Fran­cis­co und hat ein Jahr als Kor­re­spon­dent für t3n dort ver­bracht. Und nach ihm kam Andreas, der seit dem Som­mer vor Ort ist und der im Novem­ber von Daniel abgelöst wird. Sie alle haben dort ihre Erfahrun­gen gemacht, sie alle haben Kon­tak­te geschlossen und die Stadt für diejeni­gen, die nach ihnen kom­men, ein Stück weit zugänglich­er gemacht.

Und nicht zulet­zt haben sie und habe ich Jim­do, ein befre­un­detes Unternehmen aus Ham­burg, das eines sein­er inter­na­tionalen Büros im Mis­sion Dis­trict hat. Sie sind für alle Kolleg*innen von t3n Anlauf­s­ta­tion und Kon­takt-Hub, sie sind Über­nach­tungsmöglichkeit und Cowork­ing-Space. Und: Sie sind Fre­unde gewor­den, mehr noch, »die Men­schen dort sind im let­zten Jahr zu mein­er zweit­en Fam­i­lie gewor­den und ich werde sie ver­mis­sen«, wie Moritz nach sein­er Rück­kehr aus San Fran­cis­co in seinem Blog schrieb.

Und so wer­den diese 18 Tage zwar die bis­lang weiteste Reise, die ich bish­er gemacht habe, gle­ichzeit­ig aber habe ich nicht das Gefühl, in eine mir völ­lig fremde Stadt zu fliegen. Ich bin aufgeregt wie nie — aber ich fliege zu Fre­un­den. Ich habe tausend Fra­gen im Kopf — aber ich weiß, dass es Men­schen geben wird, die die Antworten ken­nen. Ich werde verblüf­fende, neue und vielle­icht auch erschreck­ende Dinge erleben — aber ich weiß, dass ich sie mit anderen teilen kann. Und auch das ste­ht alles in den 13,3 Kilo­byte in meinem Postein­gang. Man muss nur ganz genau hingucken.

8 Comments

  1. Kann mich da nur anschließen! Du hast mich grad auch ein biss­chen zum Mit­fiebern gebracht! Jet­zt bin ich auch aufgeregt und wün­sche dir vieeel Spaß!

  2. super geschrieben! freue mich auf deine ein­drücke danach und bin mir bei einem ziem­lich sich­er: du wirst dich wohl fühlen.

  3. Jochen G. Fuchs says

    Hat Spaß gemacht zu lesen, wün­sch dir einen eupho­rischen Aufen­thalt in „The city by the bay“. Für mich ist es bish­er immer das defin­i­tive Jahreshigh­light gewesen.

    Und eine faszinierende Stadt. 

    Meine Num­mer Eins bleibt lei­der trotz­dem New York City.^^

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