Wer glaubt, die Jugend lauere da draußen auf den Straßen, Kaugummi kauend und auf den Gehsteig rotzend, der irrt. Und überhaupt, die Jugend lauert nicht, sie «faulenzt» auch nicht oder «gammelt rum». Wie lange es wohl her ist, dass ich diese Worte irgendwo gehört habe? Schöne Worte, aber vom Aussterben bedroht, seit irgendwer das «Prokrastinieren» zum Trend ausgerufen hat. Schon seit mehreren Jahren scheinen sich zwei Künstler damit auseinanderzusetzen, ohne vielleicht je davon gehört zu haben: Markus Muntean und Adi Rosenblum. Noch bis zum 1. Februar widmet ihnen die Sammlung Essl in Klosterneuburg bei Wien die Ausstellung «Between what was and what might be» mit teils eigens für diesen Anlass entstandenen Gemälden sowie den Filmen «Shround» und «Run», zweiterer eine Weltpremiere. Eine Ausstellung auch über die Jugend.
Die Figuren der gebürtigen Israelin Rosenblum und des Österreichers Muntean wirken oft so, als müssten sie eine ganze Menge Zeit überbrücken. Die auch handwerklich beeindruckenden Bilder könnten Kopien aus Hochglanzmagazinen sein, aus der Werbung. Sie arbeiten mit klassischen, edlen Gesten und Posen, die seit Jahrhunderten genutzt werden, um den Betrachter zu berühren. Daneben zeigt sich aber auch: Das Zuviel an Zeit ist nur eine Begleiterscheinung, ein Symptom von vielen. Diese gelangweilte Jugend lebt eben nicht in schicken Vierteln, in denen es morgens zum Zeit totschlagen Milchschaum auf den Kaffee gibt. «Der scheinbare Pessimismus dieser jungen Menschen umfasst einen Zustand der gegenwärtigen Welt: einer westlichen Welt, in der uns alle Formen der gesicherten Identität kontinuierlich entgleiten, da wir uns selbst immer mehr in einem Zustand virtueller Existenz erfahren oder verlieren.» Es geht um die Sinnsuche, um die Suche nach sich selbst, um das Auswählenmüssen aus zu vielen Möglichkeiten. Und das ist wahrlich nicht nur ein Problem der Jugend: «Im kollektiven Bewusstsein ist der Mensch ein Jugendlicher. Da sind wir als Gesellschaft schon ‹brain-washed› », sagt Adi Rosenblum in einem Interview mit der Presse.
Das Faszinierende an den Gemälden ist vielleicht, dass sie den Betrachter auf der einen Seite ausschließen, er bleibt Betrachter, wird vielleicht sogar selbst zum Außenseiter. Auf der anderen Seite aber haben sie etwas Einladendes, teilweise romantisch-anheimelndes. Auch so ein gesellschaftliches Phänomen: Uns zieht oft das am meisten an, was weit weg ist, unerreichbar, verschlossen. Was schließlich auch für unsere Identität gilt.