Es soll Menschen geben, die gehen ohne Listen nicht mehr aus dem Haus. Und da geht es nicht nur um Klassiker, die Einkaufsliste etwa. Es soll Menschen geben, die haben für alles Listen, sogar für Listen. Vielleicht sogar nach Prioritäten geordnet und zur Not noch eine Prio-Liste für die Prio-Listen. Lange Zeit gab es, wenn ich mich an etwas unbedingt erinnern musste, ein probates Mittel. Es war preiswert und praktisch, sogar ästhetisch akzetabel und mobil: Post-Its. Heute aber schreiben Menschen keine Listen mehr. Sie betreiben Selbstmanagement. Eigentlich bedeutet das nichts anderes, als sich selbst in den Arsch zu treten. Das Management zu nennen, ist clever, denn es klingt modern, effektiv, sauber. Und natürlich kann man das nicht mehr mit Stift und Zettel machen. Also haben findige Erfinder Tools erfunden, die das Modell »Getting Things Done« von David Allen für den Selbstmanager in die Realität umsetzen. Einfach gesprochen: Der von seinen Aufgaben und Ideen überforderte Mensch notiert sich alles Wichtige, und ein entsprechendes System stellt für ihn Verknüpfungen und Kontexte her. Und: Es tritt ihm in den Arsch.
Das Tool, das mir jeden Tag im Nacken hockt, heißt »Things«, eine wundervolle kleine Applikation, die es für das iPhone und als Beta für Mac gibt. Ich habe es also dauernd dabei, als Medizin gegen die Prokrastination, die Aufschieberitis. Hier kann ich Aufgaben anlegen, diese mit Terminen und Fristen versehen, Notizen hinzufügen und das alles auch noch in Kategorien ordnen. iPhone und Mac synchronisieren sich auf Wunsch, und natürlich zeigt mir mein mobiler Begleiter mit einer kleinen, roten, drohenden Zahl am Things-Icon jetzt auf einen Blick an, wie viele Aufgaben ich noch zu erledigen habe. Hier bin ich Mensch, hier darf ich planen. Und das ganz ohne Stift und Zettel — schließlich arbeite ich auch in einem «papierlosen» Büro.
So unter Druck gesetzt kann ich wenigstens sicher sein, alle Aufgaben zügig zu erledigen. Ich hasse es schon, wenn mein Telefon mir anzeigt, dass ich ungelesene Nachrichten habe, SMS etwa oder E‑Mails. Kleine rote Zahlen an Icons machen mich einfach wahnsinnig. Ganz ehrlich: Das ist schlimmer, als Mütter oder Ehefrauen, die hinter einem her sind, weil man wieder mal vergessen hat, das Bett zu machen oder den Müll runterzubringen. Bei Harry Potter gibt es die so genannnten «Heuler», so etwas wie Blaue Briefe, die einem ihren eigenen Inhalt vorlesen, zur Not auch lautstark. Das wäre doch mal eine Idee für ein iPhone-Programm. Eigentlich warte ich nur darauf, dass dieses kleine Biest mich auch noch anschreit, weil ich nach drei Tagen immer noch nicht die Schuhe vom Schuster geholt habe.