»Kopfhörer, die gut klingen, sehen meist nicht schick aus«, schrieb Ralph Geisenhanslüke vor gut drei Jahren in der Zeit, und er konnte gar nicht anders, als seinerzeit auch den weißen Apple-Stöpsel zu erwähnen, »der allerdings nicht sehr viel besser klingt als ein gutes Telefon«. Nun hat Apple nur einen Tag, nachdem dieser Artikel erschienen war, in den USA nicht nur ein gutes, sondern ein revolutionär gutes Telefon auf den Markt gebracht, das inzwischen die vierte Generation erreicht hat und trotz mancher Schwäche noch immer State Of The Art ist. Vier dieser Schwächen: das nach wie vor akustisch wie auch optisch miserable Headset (das noch immer nicht besser aussieht (1), klingt (2) und sitzt (3) als der ursprüngliche iPod-Kopfhörer) und der ohnehin nicht gerade überwältigende Klang (4) bei der Musikwiedergabe. Nun gibt es diverse Geräte auf dem Markt, die zumindest eines der beiden Übel wenn nicht aus der Welt schaffen, so doch ein wenig erträglicher machen können: Headsets, die gut sitzen und klingen, dafür aber einem modischen Offenbarungseid gleichkommen, solche, die zwar vom Kabel bis zum Bügel durchdesignt sind, dafür aber bei der kleinsten Bewegung vom Ohr kippen, oder Kopfhörer, die zwar klingen, als säße man daheim vor der Stereoanlage, mit denen man sich jedoch besser nicht bei Tageslicht auf die Straße wagt (Geisenhanslüke nennt nicht umsonst den Koss Porta Pro als ein Beispiel) und die zum Telefonieren schlicht nicht in der Lage sind. Ein Dilemma, aus dem ich so lange nicht herauskam, bis ich eines Tages im Internet die Produkte der dänischen Firma AIAIAI entdeckte, und darunter die Headsets der Reihe »Tracks«. Und eines davon versüßt mir seit wenigen Wochen so manchen Weg durch die Stadt.
Angelehnt an die Walkman-Kopfhörer vergangener Tage zeichnet sich das Design der Tracks-Headsets durch Klarheit und den Verzicht auf Spielerei aus, von den Farben einmal abgesehen. Ein Metallbügel, zwei Ohrmuscheln, zwei Kabel, dazu kommt noch eine iPod- und iPhone-kompatible Fernbedienung (in der auch das Mikrophon versteckt ist) — mehr nicht. Somit wäre Problem 1 schonmal gelöst: die Designfrage. Nun haben die Ingenieure bei AIAIAI (Sitz: Kopenhagen) jedoch auch bei den inneren Werten nicht gepfuscht. Als offenes System konzipiert (die Kopfhörer lassen also sowohl Musik nach außen als auch Umgebungsgeräusche nach innen), bringt das Tracks-Headset einen erstaunlich soliden Bass mit (der für zu Hause vielleicht ein bisschen überdimensioniert wäre, vor allem beim Spazierengehen in der Stadt jedoch sehr angenehm ist), bildet aber auch Mitten und vor allem Höhen sehr präzise ab. Womit auch Problem 2 und 4 gelöst wären, denn sogar Musik vom iPhone (vorausgesetzt die Musik selbst ist in ordentlicher Qualität ins mp3-Format verpackt worden) hört sich mit diesen Kopfhörern gut an. Immerhin: gut, bei vernünftigen Wiedergabegeräten kann man nur darüber staunen, was aus diesen Kopfhörern so alles rauskommt. Und: Die Sprachqualität beim Telefonieren ist hervorragend, und das offenbar für beiden Seiten, das Mikrofon leistet seine Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen.
Als wäre all das noch nicht überzeugend genug, sitzt das Headset sowohl sicher, als auch bequem auf den Ohren, und doch gibt es, soviel sei zugegeben, auch einen klitzekleinen Schönheitsfehler: Bei starkem Wind aus 12 Uhr (sprich: von vorne, und zwar wirklich nur genau von vorne) pfeift dieser mit einem leichten Geräusch durch die Ohrmuscheln. Hört man gerade dreckigen, lauten Pop, ist das Problem zu vernachlässigen, singt Elīna Garanča jedoch gerade »Io l’udia chiarmarmi a nome«, so kommt das pfeifende Lüftchen der Mezzosopranistin durchaus ein wenig in die Quere. Doch das tun in diesem Moment auch die Autos, Hunde und Vögel um einen herum. Den zweiten Schönheitsfehler könnte man den Preis nennen (der immerhin bei 400 Dänischen Kronen (etwa 55 Euro) liegt. Ein Gerät jedoch, das in der Lage ist, gleich vier Probleme zu lösen oder immerhin deutlich zu reduzieren, die Apple seit Jahren nicht in den Griff bekommt, kann eigentlich gar nicht zu teuer sein.