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»Kaschmir ist nicht so sexy wie Afghanistan«

Obwohl er erst seit drei Jahren fotografiert, ist Andy Spyra ein­er der erfol­gre­ich­sten Nach­wuchs­fo­tografen Deutsch­lands. Im Inter­view mit Timo Nowack von Flare, das ich hier auszugsweise veröf­fentliche, spricht der mehrfach aus­geze­ich­nete Fotograf, geboren 1984 in Hagen, über Tal­ent, den Mut zur eige­nen Geschichte und den richti­gen Umgang mit Witwen in Kaschmir.

Der Krieg der Bilder

Jeden Tag wer­den den Redak­tio­nen dieser Welt dutzende, vielle­icht hun­derte Fotos von den Krisen­her­den rund um den Globus ange­boten. Die wenig­sten davon schaf­fen es in die Zeitun­gen oder auf Nachricht­en­por­tale. Immer wieder schaue ich diese Fotos durch, in let­zter Zeit vor allem aus dem Gaza­s­treifen, und frage mich, welch­es davon für den jew­eili­gen Artikel geeignet wäre. Die Bilder der Agen­turen zeigen alles: die Zer­störung, das Elend, Leichen, verzweifelte Men­schen. Doch wenn die Medi­en dieser Tage über den Gaza­krieg bericht­en, wer­den meist Fotos aus­gewählt, die aus sicher­er Ent­fer­nung aufgenom­men sind. Manch­mal sog­ar roman­tisch wirk­ende Bilder, mit Sol­dat­en vor Son­nenun­tergän­gen. Sel­ten aber sind die Auf­nah­men nah dran. Das hat seinen Grund. Anders als Robert Basic Anfang des Jahres geschrieben hat, geht es näm­lich nicht nur um die Frage, was Lesern zuzu­muten ist oder was man ihnen voren­thält. «Was wir in den Nachricht­en sehen, ist meis­tens nur Kinder­­garten-Mist, das viel zu scho­nend mit Krieg umge­ht», schreibt Basic und ver­weist auf eine Bilder­strecke auf boston.com, die keinen Halt vor dem ganzen Grauen macht. Doch das ist nur die eine Seite.

»Ich bin ihr wahrgewordener Traum«

Mit Tele­fon­sex wer­den jährlich wohl Mil­liar­den umge­set­zt, doch es ist eines dieser Geschäfte, die von nie­man­dem leben. Nie­mand ruft alle diese Num­mern nachts an, nie­mand spricht mit all diesen Frauen. Und erst recht ken­nt nie­mand sie per­sön­lich. Phillip Toledano hat zumin­d­est einige ken­nen­gel­ernt. Und er hat mit ihnen nicht am Tele­fon gesprochen, son­dern sie besucht, fotografiert, inter­viewt. «Tele­fon­sex ist The­ater», schreibt er in der Ein­führung zu seinem Pro­jekt «Phone Sex». «Er benötigt eine leb­hafte Phan­tasie, schaus­pielerisches Kön­nen und — vor allem — ein tiefes Ver­ständ­nis für die men­schliche Lust.» Alle Beteiligten an seinem Foto­pro­jekt bleiben anonym, doch ihre Aus­sagen sind per­sön­lich, humor­voll, ehrlich. Sie erzählen von Intim­ität, Selb­st­wert­ge­fühl, der Welt da draußen und von Geld. So wie die Frau auf dem Foto:   Da wäre der Typ mit dem kleinen Schoßhund, der sich sich­er ist: «Sie wollen mich». Der sich sich­er ist, dass er in dem, was er tut, ein «Pro» ist, ein Profi eben. Und mit dem sich die Frauen oft tre­f­fen wollen. Oder die 60-Jährige, seit 25 Jahren ver­heiratete Dame, die einen B.A. in …

Mogelpackung

Bei jed­er Durch­fahrt durch Schweiz­er Land­schaften — beson­ders auf­fäl­lig bei Reisen mit dem Zug — ärg­ere ich mich über die mit Indus­triege­bi­eten vollgestell­ten, wun­der­schö­nen Täler. Dieser Ärg­er resul­tiert jedoch nur aus der Freude über die ach so hüb­schen, deko­ra­tiv verzierten, alt­modis­chen Gebäude in Hügel- oder Hanglage. Alles Illu­sion, wie ich jet­zt erfahren muss! Eine ganze Unzahl dieser schmuck­en Bauw­erke ent­pup­pt sich auf nähere Sicht als Bunker, als »Falsche Chalets«. Vom Schweiz­er Mil­itär umgestal­tet zieren sie die Berge, zer­stören die Ver­trautheit, denn hin­ter den aufge­mal­ten Gar­di­nen sitzt keine glück­liche Fam­i­lie, hin­ter dem gar nicht vorhan­de­nen Tor schlafen keine Kühe. Hier saß die Schweiz­er Armee und hat ihr Land vertei­digt. Gute Idee! Der Fotograf Chris­t­ian Schwa­ger hat sich auf die Suche nach diesen Chalets und Sche­unen gemacht und sie in einem Buch ver­sam­melt. Ein desil­lu­sion­ieren­des Werk, aber span­nend und auf jed­er Seite über­raschend, abgerun­det mit einem erläutern­den Text von Gerold Kunz. Ich werde nie wieder mit dem­sel­ben Blick durch die Schweiz fahren kön­nen. Chris­t­ian Schwa­ger: »Falsche Chalets«, Edi­tion Patrick Frey Zürich, mit einem Text von Gerold Kunz, 144 …