Tisch & Bett
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Herrgottsbscheißerle oder: Im Schweinsgalopp durch zwei »vegane« Wochen (Adé, Filet — Teil 3)

Eigentlich gehört es sich ja nicht, das laut zu sagen, aber wenn ich von Mönchen wie den Zis­terziensern eines gel­ernt habe, dann ist es das Bescheißen. Die Maulbron­ner Brüder waren es ange­blich, die in der Fas­ten­zeit irgend­wann auf die Idee kamen, das Fleisch in einem Teigman­tel vor den Blick­en des Lieben Gottes zu ver­steck­en. So haben sie die Maultaschen — auch »Her­rgotts­b­scheißer­le« genan­nt — erfun­den. Klasse Trick. Und was die dür­fen, dachte ich am ver­gan­genen Woch­enende beim Euro­vi­sion-Song-Con­test-Grillen in einem dieser furcht­bar gemütlichen Bon­ner Alt­stadt-Hin­ter­höfe, was die dür­fen, darf ich schon lange. Also biss ich herzhaft in ein oder zwei gut getarnte Won­tons oder Wan-Tans oder etwas Ähn­lich­es. War eh kein Veg­an­er anwe­send und sollte es einen Veg­an­er-Gott geben: Durch den Won­ton- oder Wan-Tan-Teig kon­nte er bes­timmt nicht durchgucken.

Dabei hat­te ich an diesem Abend trotz des vie­len Grill­fleischs und ein­er stat­tlichen Por­tion her­rlich duf­ten­der Wild­würstchen eigentlich gar keinen beson­deren Appetit auf Fleisch. Ich war glück­lich mit meinen Bratlin­gen und dem Cous­cous-Salat und dem Fladen­brot. Aber wahrschein­lich sind genau diese ver­meintlich unge­fährlichen Momente die schlimm­sten. Und damit Sie sich zumin­d­est ein Bild davon machen kön­nen, wie es um eine eventuelle Kor­re­la­tion zwis­chen mein­er Moti­va­tion und der Lust auf Fleisch bestellt ist, habe ich meine wis­senschaftlich fundierte blaue Moti­va­tion­skurve um eine orange­far­bene und eher dem Bauchge­fühl (sic!) fol­gende Gelüste-Kurve erweitert.

Motivation und Fleischgelüste auf einer Skala von 1 bis 10


Blaue Kurve: meine Moti­va­tion / Orange­far­bene Kurve: meine Lust auf Fleisch

Zumin­d­est war es nicht das erste Mal in den let­zten zwei Wochen, dass ich gesündigt habe. Schon an einem Mor­gen während der re:publica in Berlin habe ich mir einen Schuss Milch in den Fil­terkaf­fee gekippt. Ging nicht ohne. Dabei hat es mir diese Stadt nun wirk­lich leicht gemacht. An jed­er Ecke gibt es da Soja-Lat­te und veg­anes Essen, das sich schnell und ein­fach mit Hil­fe des »Berlin Veg­an Guide« find­en lässt. Nur die re:publica hat mich ein biss­chen ent­täuscht. Veg­anes Essen? Ja. Fünf Punk­te. Aber am drit­ten Tag kon­nte ich die Brötchen mit Homos und Oliv­en dann irgend­wie auch nicht mehr sehen. Und eine Alter­na­tive zum Milchkaf­fee hab ich auch nicht gefun­den. Zwei Punk­te. Aber son­st war die re:publica ein Traum, vor allem der zweite Abend, als ich mit den »sym­pa­this­chsten Men­schen des Inter­nets« — wie Huck Haas so liebevoll schrieb — in einem Bier­garten sitzen und Rotwein-Cola trinken durfte. Wobei: Rotwein-Cola hat eigentlich nur der Huck getrunk­en. Ich habe eine kap­i­tale Spree­waldgurke und vorzügliche Oliv­en und eine schlecht getarnte, ver­mut­lich aber höchst unve­g­ane Brezel ver­speist und Bier getrunk­en. Zehn Punk­te für diesen Abend.

Min­destens zehn Punk­te hat auch dieses eine Rezept von Atti­la Hild­mann ver­di­ent, der mir ja diesen veg­a­nen Monat einge­brockt hat und auf den ich ern­sthaft sauer hätte sein müssen, wenn seine Sachen am Ende Schmu gewe­sen wären. Sind sie aber nicht. Dieses Sand­wich mit gebraten­em Räucherto­fu und selb­st gemachter Sal­sa — ich sage Ihnen: ein Gedicht!

Mahlzeit.

3 Comments

  1. Kaktuskäuzchen says

    So, so, meine Erd­beerkäs­esah­ne­torte ablehnen, aber beim Grillen sündi­gen ! Hätte ich vielle­icht auch sin­gen sollen??? :-)

  2. oma says

    alles hochin­ter­es­sant was ich heute über Dich im Blog erfahren habe. tausend Grüße!!

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