Wort & Tat
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Twittert, was das Zeug hält, Nostalgiker dieser Welt!

Es geht bergab mit Twit­ter. Viele sagen das. Die Nutzerzahlen steigen nicht mehr so steil, der Ser­vice find­et nicht aus­re­ichend Akzep­tanz, vie­len Nutzern erschließt sich zudem der Nutzen nicht. Und jet­zt kommt auch noch die Konkur­renz daher und macht Konkur­renz. Face­book und Friend­feed etwa, glaubt man Jür­gen Vielmeier, der auf Freshzwein­ull schreibt, die kün­ftig öffentlichen Sta­tus­meldun­gen bei Face­book seien eine echte Alter­na­tive. Mehr noch:

»Der Face­book-Minifeed kann alles, was Twit­ter nicht kann: Man kann Videos und Bilder so ein­fü­gen, dass jed­er Leser sie direkt im Lifestream anschauen kann. «Inline» nen­nt sich das. Man kann die Sta­tus­meldun­gen der Fre­unde ganz wun­der­bar mit anderen disku­tieren oder sie ganz ein­fach gut find­en. Man kann die Nachricht­en solch­er «Fre­unde» aus­blenden, die man nicht lesen will, die man aber trotz­dem nicht von sein­er Fre­un­desliste stre­ichen will, nur weil sie zu viel Blödsinn verzapfen.«

Ich finde, das sind span­nende Gedanken. Aber sie verken­nen, was Twit­ter kann und Face­book eben nicht. Und sie verken­nen die Unter­schiede zwis­chen bei­den Dien­sten. Vielmeier schreibt beispiel­sweise, es hapere bei Twit­ter an der Über­sichtlichkeit. Genau hier wider­spreche ich. Über­sichtlich­er geht es nicht. Ein­fach­er auch nicht. Denn ich kann etwa meine Twit­ter-Time­line, also qua­si die Fre­un­desliste, so indi­vidu­ell zusam­men­stellen, wie es nur möglich ist. Ich kann zehn Men­schen fol­gen und mir fol­gen tausende. Ich kann zweitausend fol­gen und mir fol­gt eine Hand­voll. Sicher­lich ist es von Vorteil, wenn ich bei Face­book die Sta­tus­meldun­gen einzel­ner Kon­tak­te auf «blind» schal­ten kann. Ich glaube jedoch kaum, dass es viele Face­booknutzer gibt, die mehrere tausend oder sog­ar zehn­tausend «Fre­unde» ver­wal­ten wollen. Twit­ter macht das ein­fach. Denn Twit­ter ist kein Tool zur Ver­wal­tung von Kon­tak­ten. Es ist ein Kommunikationstool.

Zudem bietet Twit­ter alles das, was Vielmeier Face­book zuschreibt, eben­falls. Disku­tieren kann ich alles und jeden Tweet, ich kann ihn Faven und damit «ganz ein­fach gut find­en», und ich kann eben Leute ein­fach ent­fol­gen, wenn sie «zu viel Blödsinn verzapfen». Denn wie schreibt Karsten Sauer so schön: «Sich auf Jeman­des Fersen bei Twit­ter zu begeben — ihm zu ›fol­lowen‹ bedeutet nicht, dass man Ringe tauscht (›…bis dass der Tod euch schei­det!‹), dass man zusam­men­zieht (und dem­nach zumin­d­est mal bescheid sagt, bevor man auszieht) und auch nicht, dass man ein Prob­lem mit dem jeni­gen hat, den man dann — um Him­mels Willen! — wieder entfollowed!»

Vielmeier hat sicher­lich recht, wenn er Face­book und auch Friend­feed finanzielle Vorteile ein­räumt. Über Geld wird man bei Twit­ter früher oder später reden müssen. Tech­nis­che Vorteile aber sehe ich nicht. Selb­st die 140-Zeichen-Beschränkung empfinde ich nicht als Beschränkung, son­dern als wohltuend für die Kreativ­ität, den Umgang mit Sprache. Aber die ver­schiede­nen Sichtweisen scheinen weniger eine Frage der Fea­tures, son­dern eine Geschmackssache zu sein, denn ger­ade ein­er weit­eren Aus­sage Vielmeiers würde ich wider­sprechen: «Denn trotz der vie­len Zusatzele­mente empfinde ich den Face­book-Minifeed nicht stören­der als meine Twit­ter-Time­line.» Wohl auch deshalb nutze ich Face­book so ungern. Ich muss nicht wis­sen, in welchen Spie­len meine «Fre­unde» ger­ade wie viele Punk­te geholt haben, ich muss das Video nicht gle­ich sehen, dass mir jemand emp­fiehlt. Wenn es inter­es­sant klingt, klicke ich gerne ein­mal mehr. Oder zweimal. Die rein textbasierte Time­line bei Twit­ter ist mir das alle­mal wert. Doch doch, es gibt etwas, wo ich Vielmeier recht gebe: «Habt ihr schon ein­mal erlebt, dass Face­book über­lastet oder stun­den­lang nicht zu erre­ichen war? Ich auch nicht.»

Die Vorstel­lung Vielmeiers von Twit­ters Zukun­ft aber bleibt neg­a­tiv: «Nos­tal­gik­er wer­den dem tech­nisch unter­lege­nen Dienst treu bleiben — während die bessere Konkur­renz die Massen der Nutzer anziehen wird. Für Twit­ter kön­nte es schon bald bergab gehen.» Drehen wir das doch mal um, ins Pos­i­tive. Ich würde sagen: Dann endlich, wenn die ganzen Spam­mer und Spin­ner weg sind, geht es für Twit­ter bergauf. Vielle­icht würde ich dann für diesen Dienst sog­ar Geld zahlen. Anders als für Facebook.

2 Comments

  1. Hal­lo. Danke für die schöne Analyse meines Artikels — der natür­lich sehr sub­jek­tiv ist. Ich per­sön­lich rege mich schon lange über das 140-Zeichen-Lim­it von Twit­ter auf und füh­le mich deswe­gen bei Face­book inzwis­chen bess­er aufge­hoben. Das heißt aber nicht, dass ich Twit­ter nicht trotz­dem noch einiges abgewin­nen kön­nte und ich nicht sowieso jedem rate, auf seine Weise glück­lich zu werden. :)
    Zu dem The­ma gibt es bei uns gestern und heute übri­gens ein Woch­enendgezwitsch­er mit dem Titel «Blog­gst du noch oder twit­terst du schon?». Würde mich da auch über deine Mei­n­ung freuen.

    Schönes Blog übrigens.
    Viele Grüße aus dein­er alten Heimat!
    Jür­gen Vielmeier

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