Laufen könnte der einfachste und unkomplizierteste Sport der Welt sein. Eine Laufstrecke hat jede_r vor der Tür, ein paar Turnschuhe im Schrank wohl die Meisten, also würde es in vielen Fällen nur die eigene Motivation brauchen, sonst nichts. Wären da nicht all die Erfahrungen, die diejenigen, die laufen, schon seit Jahrzehnten gemacht haben und machen. So ist es durchaus sinnvoll, über ein hochwertiges paar Schuhe oder sogar zwei nachzudenken, Funktionskleidung — gerade bei besonders kaltem oder heißem Wetter — hat sich ebenfalls bewährt, und auch das grobe Wissen über die eigene Leistung beziehungsweise die eigenen Ziele und den Weg dahin kann nicht schaden. Und genau hier kommen die vielen Lauf-Apps ins Spiel, die es mittlerweile für das iPhone, Android und manchmal auch Windows Phone gibt. Sie zeichnen für Läufer_innen Distanz und Tempo auf, speichern die GPS-Daten der Strecke und geben meist auch Informationen wie den ungefähren Kalorienverbrauch und einiges mehr an — einige erlauben sogar die Koppelung mit einem Pulsmesser. All das nicht auf dem Niveau von Profigeräten, doch selbst für ambitionierte Läufer_innen, die etwa einen Marathon als Ziel haben, dürfte das genügen. Plus: Die Musik zum Laufen ist auch gleich mit an Bord.
Etwas mehr als vier Monate habe ich mich jetzt mit diesem Thema beschäftigt und mich mit etlichen Produkten herumgeschlagen — insgesamt eine ernüchternde Zeit, aber die Situation ist alles andere als hoffnungslos. Doch ich will vorne anfangen: Wer sich im Netz nach Lauf-Apps umschaut, wird relativ schnell auf zwei, drei Anbieter stoßen: Runtastic, Runkeeper und Nike. Daneben bieten auch Asics und Adidas eigene Apps an, weitere Produkte wie beispielsweise Endomondo (inzwischen offline) habe ich probiert, lasse sie hier aber außen vor. Sie laufen in meinen Augen «außer Konkurrenz» — im negativen Sinne.
Lange Zeit war ich von der Nike-App «Nike+ Running» äußerst angetan. Sie ist optisch die mit Abstand gelungenste, bietet einen guten Funktionsumfang und ist ziemlich zuverlässig — und bei der Qualität der GPS-Aufzeichnung, das sei gleich zu Beginn gesagt, nehmen sich alle Apps nichts. Warum ich inzwischen dennoch von Nike zu einer anderen App gewechselt bin, ist schnell erklärt: Es gibt diese App nur für iPhone und Android. Bei einem Systemwechsel, wie er für mich bald ansteht, heißt das also, dass ich mir auch eine neue App suchen muss. Und das ist ein Problem.
Zu allererst nämlich wollte ich meine bisherigen Daten nicht verlieren, einen Export aber bietet Nike von Haus aus nicht an. Zum Glück nun gibt es diverse Programmierer_innen, die Online-Tools entwickelt haben, um dieses Problem zu lösen, und auch wenn Nike ihnen mit ihrer API offenbar immer wieder Steine in den Weg legt («Eagerfeet» etwa ist aktuell offline), hat das Tool von Matt Stuehler in meinem Fall wunderbar funktioniert.
Ich muss trotzdem sagen, dass der Wechsel mir schwergefallen ist. Fünf Features haben die Nike-App für mich — neben dem Design — zum Favoriten gemacht: Sie ist kostenlos, sie bietet übersichtliche und gute Statistiken, die Strecke wird — je nach gelaufenem Tempo — unterschiedlich eingefärbt (von grün für die schnellsten Passagen bis rot für die langsamsten), es lassen sich verschiedene Schuhpaare taggen (was sinnvoll ist, um die Abnutzung im Auge zu behalten) und sie gibt während des Laufens per Sprachausgabe auch die Durchschnitts-Pace an. Und: Nach jedem Workout gibt es das Feedback prominenter Sportler_innen wie Shalane Flanagan, Ashton Eaton oder Sanya Richards-Ross. Das ist Spielerei, ganz klar, aber ich mochte sie. Sehr. Da war zu verschmerzen, dass die App sich nur mit einem einzigen Pulsgurt-Modell koppeln lässt, was eigentlich ganz klar zu wenig ist.
Auch die App von Asics (inzwischen nicht mehr verfügbar) habe ich kurz getestet, auch diese gibt es jedoch nicht für Windows Phone (Runkeeper hat seinen Windows-Phone-Support übrigens auch eingestellt, weshalb die App für mich keine Rolle spielt). Ich will sie trotzdem erwähnen, denn sie hat, neben dem schlichten, guten Design und der Tatsache, dass auch sie kostenlos ist, einen entscheidenden Vorteil allen anderen gegenüber: «MyAsics» (inzwischen offline) bietet kostenlose Trainingspläne, die sich nach dem Leistungsstand und einem Ziel anpassen lassen. Eigentlich konkurrenzlos. Auch hier jedoch hätte ich meine GPX-Daten nicht importieren können. Zwei fehlende Features, zwei Ausschlusskriterien.
Ebenfalls ohne Import-Funktion — und daher ebenfalls aus dem Rennen — kommt die App «micoach» von Adidas daher — noch dazu bietet auch dieses Unternehmen keine Windows-Phone-Version. Das ist schon deshalb so ärgerlich, da sich «micoach» beim Testen auf dem iPhone als beinahe noch besser als «Nike+» erwiesen hatte. Das Design ist hervorragend, die Stabilität gut, und das Promi-Feedback gibt es bei Adidas sogar während des Laufens — etwa von Jessica Ennis, Victoria Pendleton, Andy Murray oder Jonny Wilkinson. Und: Die App bietet auch Anleitungen für weitere Workouts wie Krafttraining oder Dehnübungen. Der wohl größte Pluspunkt aber ist ganz klar die Möglichkeit, Workouts nachträglich zu bearbeiten — und zwar inklusive der Streckendaten. Das bietet kein anderes Produkt, dabei gibt es bei allen Apps immer wieder GPS-Aussetzer oder ‑Ausreißer, die dazu führen, dass ich schon quer durch ganze Häuserblöcke oder mitten durch den Rhein gelaufen bin.
Am Ende also bin ich doch bei Runtastic gelandet. Zwar ist das Design grauenhaft, vor allem das der Online-Plattform, die App nur in der Basisversion kostenlos (Werbefreiheit, Sprachausgabe, Musiksteuerung und andere Features kosten extra, die Pro-Version 4,99 Euro) und es gibt während des Laufens keine Ansage der Durchschnitts-Pace. Doch insgesamt stellt die App den besten Kompromiss dar: Sie ist für alle drei Betriebssysteme erhältlich, bietet sowohl eine Import- als auch eine Export-Funktion, sie läuft stabil und lässt sich offenbar mit etlichen Pulsgurten koppeln. Und vielleicht wird das ein oder andere Feature ja in naher Zukunft noch programmiert, mit viel Glück leistet sich der Anbieter sogar noch ein oder zwei Designer.
Dass es keine dieser Apps schafft, aus den Vorteilen und Fehlern der Konkurrenz zu lernen, ist für mich das eigentliche Wunder. Es wäre nicht so schwer, eine rundum gelungene App zu bauen, die Liste der in meinen Augen nötigen Features ist gar nicht so lang:
- Verfügbarkeit für alle Betriebssysteme
- Stabilität des GPS-Signals
- Import und Export von GPX-Daten
- Nachbearbeitung von Strecken
- Pulsgurt-Koppelung
- Sprachausgabe inklusive Durchschnitts-Pace
- Einfärbung der Karte nach gelaufener Pace
- Möglichkeit, verschiedene Schuhpaare zu taggen
- Ansprechendes Design
Keine Frage, solch eine App zu programmieren würde Geld kosten, doch gerade für die Hersteller wie Nike, Adidas oder Asics stellt eine Lauf-App in meinen Augen das perfekte Mittel zur Imagepflege und Kundenbindung dar. In meinem Fall jedenfalls hat es mit Nike lange Zeit funktioniert, mit Asics würde es bei entsprechender Qualität der App ebenso klappen, und sogar mit Adidas, einer Marke, an der mich bislang so gar nichts reizt, könnte ich mich gut anfreunden. Und ich wäre auch bereit, für eine gute App zu zahlen — in jedem Fall sogar deutlich mehr als für die Produkte, die derzeit auf dem Markt sind — und auch ein Abo für die dazugehörige Online-Plattform wäre für mich völlig in Ordnung. Vielleicht liest das hier ja der eine oder die andere Entwickler_in. Wenn Ihr soweit seid: Ich wäre Euer erster Kunde.
Hier auch noch ein gutes Export Tool.
http://iruntobefree.tumblr.com/post/11145964314/tutorial-sync-running-communities-nike-micoach
Ich bin erst mit Nike+ gelaufen aber da gab es noch kein GPS sondern nur den Pedometer in den Schuhn. Das wich aber immer um 10–15% ab. Dann wechselte ich auf RunKeeper und bin seit jeher zufrieden. Jetzt da Nike+ aber auch GPS kann bin ich ganz hin und her gerissen weil es ja doch schön bunter ist. ich werde das mal testen.
Ich muss ja ohnehin gestehen, dass ich, gesponsert vom Weihnachtsmann, inzwischen wieder umgestiegen bin. Seit 2013 laufe ich mit der Nike+ Sportwatch mit Pedometer und Pulsgurt. Klasse Kombi, der einzige Nachteil ist, dass diese Uhr kein Livetracking bietet, was ja auch logisch ist.
Warum ist da noch ein Sensor dabei? Die Uhr hat doch GPS. Wie gesagt der Sensor wich immer sher stark ab. Einmal hatte ich nach einer exakt 10Km Strecke nur 8,9Km auf dem Phone. Ich glaube ich werde aber doch bei RunKeeper bleiben. Es ist zwar nicht so bunt aber, mir feheln direkt ein paar Daten, Zahlen und Funktionen wie z.b. die praktischen Trainingsprogramme, die es in RK gibt.
Ganz einfach: Der Sensor ist für die Momente gut, in denen das GPS nur ein schwaches oder gar kein Signal hat. Oder falls Du auf dem Laufband trainierst …