Visionen
comments 2

Über was man nach zwei Bier alles nicht mehr bloggen mag

Ein Glas dunkles Bier steht auf einem Holztisch

Eigentlich wollte ich gestern Abend bloggen. Ich hat­te schon zwei Bier getrunk­en — von dem leck­eren bayrischen (nicht im Bild) — und von Duck­Duck­Go ger­ade eine sym­pa­thisch-schnelle Reak­tion auf eine Beschw­erde bekom­men. Da fiel mir auf, dass Duck­Duck­Go mich keinen Cent kostet. Nicht die Such­mas­chine, nicht die (wirk­lich sen­sa­tionell nüt­zliche) App, nicht der Sup­port. Und deshalb wollte ich bloggen — darüber, dass mir dieser Ser­vice und diese App und dieser Sup­port dur­chaus ein paar Euro im Monat wert wären. Andere Dien­ste aber nicht.

»Inzwis­chen haben wir fast so etwas, wie eine Kul­tur­fla­trate. […] Ich glaube, ich gebe inzwis­chen sog­ar noch mehr für Kul­tur aus, als mit zwölf Jahren und kann mehr davon genießen als jemals zuvor.«
Jan­nis Kucharz: »Die Kul­tur­fla­trate ist eigentlich schon da«

Ich wollte bloggen über die Idee der Kul­tur­fla­trate und die weit­ergedachte Vari­ante des Chaos-Com­put­er-Clubs — die Kul­tur­w­ert­mark. Ich wollte darüber bloggen, dass ich diese Utopie ein­er durch eine Pauschale befre­it­en dig­i­tal­en Gesellschaft ein­mal für das Großar­tig­ste gehal­ten hat­te, was Men­schen seit Erfind­ung des Sand­wich-Toast­ers einge­fall­en ist. Und darüber, dass ich das heute anders sehe. Darüber, dass ich keine Lust hätte, mit ein­er Kul­tur­fla­trate auch all die Fortschrittsver­hin­der­er und Fortschrittsver­hin­derin­nen zu unter­stützen. Und darüber, dass ich genau­so wenig Lust auf ein Sys­tem wie die Kul­tur­w­ert­mark hätte — ganz egal, ob sie nun einen oder zehn Euro wert ist. Ich wollte über meine Bedenken bloggen, über die Manip­u­la­tion­s­ge­fahr und die Ver­größerung der Dig­i­tal­en Kluft und darüber, dass ich, obwohl ich auf all das keine Lust — aber auch keine Antworten — hätte, jeden Monat ohne Gewis­sens­bisse und moralis­che Bedenken meinen Zehn­er an Spo­ti­fy über­weise — und damit ein Sys­tem mit­fi­nanziere, dass per se nicht für alle gle­ich gut funk­tion­ieren kann.

Ich wollte darüber bloggen, dass es da draußen auf der anderen Seite auch unglaublich viele Men­schen gibt, die ich — mit ihren Pro­jek­ten und Ideen und Visio­nen — unglaublich gerne unter­stütze, von meinem Hoster über die Anbi­eter von Pub­lic-Domain-Inhal­ten bis hin zu einzel­nen Musiker*innen, von denen ich trotz Spo­ti­fy-Abo regelmäßig Alben kaufe. Und darüber, dass es andere Men­schen da draußen gibt, in diesem Dig­i­tal­en, denen ich nicht mal das Schwarze unter meinen Fin­gernägeln gön­nen würde.

Und schlussendlich wollte ich auch darüber bloggen, dass diese ganze Kul­tur­branche schon viel zu lange darunter lei­det, dass sie — auch von sich selb­st — immer und immer wieder als Almosen-Sys­tem missver­standen wird mit ihren Förderun­gen und Spenden und dem Spon­sor­ing. Obwohl sie doch eine Branche ist, ein Wirtschaft­szweig, der Geld ver­di­ent und Arbeit­splätze schafft und Pro­duk­te auf den Markt bringt. Und darüber, dass in einem Begriff wie der Kul­tur­w­ert­mark irgend­wie auch der verzweifelte Ver­such steckt, diese Branche aufzuw­erten, obwohl das eigentlich über einen ganz anderen gesellschaftlichen Diskurs passieren müsste.

Über all das wollte ich gestern Abend bloggen. Aber ich hat­te schon zwei Bier getrunk­en — von dem leck­eren bayrischen — und war plöt­zlich sehr, sehr müde. Und da hab ich dann mein­er Frau lieber noch kurz meine neue Schallplat­te vorge­spielt — und bin ins Bett gegangen.

2 Comments

  1. Ich frage mich, ob du deine Mei­n­ung so expliz­it dargestellt hättest, wenn du nach den bei­den Bieren doch noch Lust gehabt hättest zu bloggen?! ;) Schönes Ding!

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *