«Es ist vorbei: zoomer.de geht bald offline!» — so heißt seit heute, 16:05 Uhr, die Schlagzeile bei zoomer.de. Wirklich überraschend kommt die Nachricht nicht. Das Projekt wurde seit längerem schon immer weiter geschröpft. Zunächst verhängte der Mutterkonzern Holtzbrinck ein Werbestopp, worauf die Nutzerzahlen drastisch einbrachen, dann wurde die Verlegung der Redaktionen von zoomer.de und tagesspiegel.de unter die Dachmarke Zeit Digital verkündet. Und jetzt ist Finis. Und es stellen sich doch einige Fragen. Die, was mit den Mitarbeitern passiert, dürfte nicht die einzige sein. Chefredakteur Frank Syré hat ja noch rechtzeitig das sinkende Schiff verlassen und wird zum 1. März stellvertretender Chef bei Bild.de. Und der Rest? Nun, durch zoomer.de dürften nicht wenige der Redakteure Erfahrungen gemacht haben, die ihnen zumindest bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt sichern als dem Gros der Journalisten dort. Soweit so schlecht, denn auf diesem Markt werden Jobs auch nicht gerade im Dutzend verteilt.
Die erste Frage aber, die ich mir heute gestellt habe, ist: «Wie bitte trägt man ein solch ambitioniertes Projekt würdig zu Grabe?» Frank Syré fällt das nicht schwer, wie er mit dem heutigen Aufmacher bewiesen hat. Darin schreibt er:
Das klingt gut, zu gut für eine solche Situation. Und ein Großteil der Mitarbeiter dürfte zwar mindestens ebenso stolz sein wie Syré, wohl aber auch eine gehörige Portion Enttäuschung, vielleicht sogar Wut im Bauch haben. Bringt man unter diesen Bedingungen wirklich noch die Kraft und den Enthusiasmus auf, um noch gut sieben Wochen Journalismus zu machen? Zoomer.de ist ein Portal, dass immer großen Wert auf Meinung gelegt hat. Gilt das auch jetzt noch, wo echte Meinung ganz besonders wichtig wäre?
Diese Frage stellt sich umso mehr, wirft man einen Blick darauf, wie mit dieser Meinung alleine heute umgegangen wurde. Denn dass der Aufmacher von heute mit großer Wahrscheinlichkeit von oben kommt und nicht von unten, aus der Redaktion, sieht man auch daran, dass im Twitter-Account von zoomer.de (inzwischen offline) ein Tweet wieder gelöscht wurde. Er lautete: «Wir dürfen nicht mehr — zoomer.de geht offline» und verlinkte auf den Text in eigener Sache. Ausgetauscht wurde er wenig später durch die Überschrift, «Es ist vorbei — zoomer.de geht bald offline». «Wir dürfen nicht mehr» war der Chefetage wohl nicht genehm? In der Twitter-Suche aber findet sich der erste Tweet noch. Beim Klick auf «View Tweet» aber erscheint der berühmte blaue Vogel. «That page doesn’t exist!» Interessant ist auch, dass scheinbar der Aufmacher einmal eine andere Überschrift hatte, bei Google findet sich noch die Schlagzeile «Wir können nicht mehr: zoomer.de geht offline!» Das nun wiederum klingt eher nach Selbstmord. Brat mir einer nen Storch, wenn die Redaktion selbst dachte: «Och nö, das, was wir da als Überschrift/Tweet gemacht haben, ist irgendwie doof. Tauschen wir doch mal schnell aus.»
Fraglich ist aber vor allem, inwiefern die Begründung des Verlags ins Schwarze trifft. Syré schreibt zur Schließung: «Die Wirtschafts- und Medienkrise hat bei uns und in unserem Mutterkonzern durchgeschlagen. Ein teures Experiment, das wir nunmal sind und waren, ist unter diesen Rahmenbedingungen nicht durchzuhalten.» Und Blogger Don Dahlmann schreibt dazu: «Dass das Portal nun dicht macht ist aber dennoch bedauerlich, weil es abermals das Signal aussendet, dass man im Netz nur erfolglos sein kann.» Genau das aber stimmt nicht. Man kann erfolgreich sein, wenn man das, was sich zoomer.de vorgenommen hatte, auch konsequent umsetzt. Meinung, eigene Schwerpunkte und das, was Dahlmann eine echte «Verzahnung mit dem Netz» nennt. Ein solches Portal hätte seine Leser gefunden und es hätte profitabel werden können. Und nun? Twitterer tobiwei hat die Pointe schon gebracht: «Kann ich @zoomer_de für 1 EUR als Konkursmasse kaufen? Ich zeig euch dann mit @drumba, wie man das macht.» Da kann man nur hoffen, dass nicht wirklich irgendjemand kommt und das ernst meint — und damit zeigt, dass er gar nichts verstanden hat.