Um zu laufen, braucht man bloß zwei Füße und zwei Beine? Weit gefehlt. Um richtig zu laufen, braucht man mehr — und für das Meiste davon gibt es inzwischen richtig gute Apps.
Klamotten anziehen, Schuhe schnüren und raus vor die Tür
Laufen könnte der einfachste Sport der Welt sein. Klamotten anziehen, Schuhe schnüren und raus vor die Tür. Doch wer sich länger mit diesem Sport beschäftigt, wird schnell merken: Da gibt es noch mehr. Da gibt es die Ernährung, das erste Rennen und entsprechende Trainingspläne, da gibt es Läufe in fremden Städten und die Erfahrung, dass man für das Laufen mehr braucht als nur Füße und Beine.
Und für all diese Dinge gibt es Apps — Dutzende, oft Hunderte von Apps. Viele davon habe ich in den letzten Jahren ausprobiert, und von den meisten war ich enttäuscht. Doch einige liegen bis heute auf meinem Homescreen und werden regelmäßig genutzt. Apps für Läufer, die trotzdem nicht alle mit dem Laufen selbst zu tun haben. Hier sind meine Favoriten.
1. Nike Running
Eigentlich ist es ein Rätsel, wie ein Konzern, der insgesamt so viel richtig macht, mit einer einzigen App so viel falsch machen kann. Nicht, dass die App selbst schlecht wäre, im Gegenteil. Sie bietet im Vergleich zur Konkurrenz sogar etliche wegweisende Features. Doch Nike scheint sich in Sachen Nike+ und der Community dahinter seit einiger Zeit nicht mehr wirklich viel Mühe zu geben. Wie viel mehr wäre hier drin! Läufe kommentieren? Da denkt Nike nicht mal dran. Zumindest so was wie eine Like-Funktion? Och, bitte …
Und dennoch: Die Running-App von Nike ist und bleibt ein Favorit, wenn es um die klassische Lauf-App geht. Was unter anderem auch daran liegt, dass ich nach wie vor mit der Sportswatch von Nike laufe. Noch, denn in absehbarer Zeit werde ich mir vermutlich eine richtige Laufuhr anschaffen. Ob ich dann auch die Nike-Community verlasse? Schwer zu sagen. Denn ich habe sie durchaus lieb gewonnen, sowohl was das Design als auch einige der Features angeht — die optische Aufbereitung der Läufe etwa oder die Möglichkeit, Freunde zu Challenges herauszufordern. Noch ist Nike Running die Nummer 1 auf meinem Homescreen. Mal sehen, wie lange das noch bleibt.
2. Runner’s World Lauftrainer (eingestellt)
Wer bei der Suchmaschine seiner Wahl mal ein Schlagwort wie »Trainingsplan Laufen« eingibt, wird sehen: Das Angebot ist kaum zu überblicken. Neben etlichen Laufzeitschriften, Sportartikelherstellern und Trainern gibt es Dutzende von privaten Angebote, die Läufern dabei helfen wollen, das nächste Ziel zu erreichen. Ähnlich sieht es bei den Apps aus. Dass die Lauftrainer-App von Runner’s World sich hier gegen die Konkurrenz durchgesetzt hat, hat einen einfachen Grund: Ich weiß, dass ihre Trainingspläne nach vernünftigen Grundsätzen erstellt werden. Und trotzdem: Die App hat ihre Schwächen.
Als Basisinformationen gibt der Nutzer Dinge wie Alter, Größe, Gewicht, maximale Herzfrequenz und die Bestleistung über eine bestimmte Distanz ein. Anschließend kann er wählen, ob der Trainigsplan auf ein bestimmtes Zieldatum oder auf eine bestimmte Dauer angelegt werden soll und auf welche Distanz hin trainiert werden soll. Zu guter Letzt bietet der Lauftrainer noch drei Intensitätsstufen für das Training an und los geht’s. Wer sich schon mal mit Trainigsplänen auseinandergesetzt hat, wird jetzt merken: Die Idee von Runner’s World ist gut, aber verbesserungsbedürftig. Trainingspläne beispielsweise rein aus der maximalen Herzfrequenz abzuleiten, ist in Ordnung, aber nicht sonderlich genau. Läufer, die ihre einzelnen Pulsbereiche kennen, dürften bei den Trainingseinheiten merken, dass sie die Angaben für sich neu interpretieren müssen. Dass Runner’s World seine Trainingspläne per App zudem nicht kostenlos anbietet, ist völlig in Ordnung, das Credit-System, dass sich der Verlag hat einfallen lassen, ist jedoch in Sachen Usability ein schlechter Scherz. Die Idee wiederum, dass Runner’s World in die App auch News von der eigenen Seite einbindet, ist nett — die Umsetzung lässt auch hier nicht nur optisch noch zu wünschen übrig. Dennoch: Für Einsteiger und Fortgeschrittene ist die App wirklich klasse, und selbst für Läufer mit viel Erfahrung bietet sie — die Bereitschaft, die einzelnen Einheiten individuell anzupassen — durchaus einen Mehrwert.
OS: eingestellt
Preis: kostenlos (In-App-Käufe)
3. Pacey
»195 Minuten langsamer Dauerlauf« steht für Samstag auf meinem Trainingsplan — und das bei einem Tempo von 5:45 Minuten pro Kilometer. Mal schnell im Kopf umrechnen: Wie viele Kilometer sind das? Und: Wenn ich merke, dass es gut wäre, Samstag eine halbe Minute schneller zu laufen: Wie lang wäre ich dann unterwegs? Doch dann erinnere ich mich. An den Matheunterricht, an meine Noten, an das Abi. Einfacher Dreisatz, oder? Nicht für mich.
Hier kommt Pacey ins Spiel. Eine kleine, simple App, die mir genau diese Rechenleistung abnimmt. Bei Pacey kann ich zwei von vier Werten eingeben und mir die jeweils anderen ausrechnen lassen: Distanz, Zeit, Tempo und Geschwindigkeit. Und das, was die App können soll, das kann sie auch — zuverlässig und intuitiv bedienbar. Nur einen winzig kleinen Fehler hat Entwickler Simon Evans eingebaut: Klickt man bei der Distanz auf »Half Marathon« oder »Marathon«, füllt die App das Feld mit 21.098 oder 42.195 Kilometern aus. Mal gucken, wann er auf die Idee kommt, den Punkt durch ein Komma zu ersetzen. Mehr als 20.000 Kilometer kann ich mir nur schwer vorstellen, am Stück zu laufen.
4. Footpath
Wer regelmäßig läuft, wird irgendwann merken, dass es gut ist, das eigene Training zu variieren — nicht nur, was Distanz oder Tempo angeht, auch was die Strecke betrifft. Doch woher weiß ich, wie lang die Route rund um den Park und das kleine Stück am Fluss hoch ist? Woher weiß ich, wie ich meine 13 Kilometer zusammenkriege, die für den nächsten Tag auf dem Plan stehen? Nun: Ich weiß es vielleicht nicht, aber mit Footpath kriege ich es raus.
Im Prinzip ist Footpath eine Karten-App, auf der ich Routen zeichnen kann. Dabei kann ich diese Routen entweder frei oder entlang von Straßen und Wegen anlegen. Durch die GPS-Anbindung finde ich auch unterwegs oder auf Reisen schnell den aktuellen Standort, bei den Karten habe ich die Wahl zwischen diversen Visualisierungen: Straße, Satellit und Outdoor von Google etwa, aber auch die OpenCycleMap oder USGS Topo für die USA und Kanada stehen zur Auswahl. Habe ich eine Route fertig gezeichnet, kann ich diese — die Pro-Version von Footpath vorausgesetzt — abspeichern, per E‑Mail, Facebook oder Twitter teilen oder (und das ist eine der wichtigsten Funktionen) als GPX-File exportieren. Inzwischen eine meiner Lieblings-Apps.
5. Salomon City Trail
Ich packe meinen Koffer und ich nehme mit: meine Laufschuhe. Jede Reise, die mache, beginnt inzwischen genau so. Keine Stadt, kein Land, das ich bereise, ohne dort laufen zu gehen. Nichts erschließt einem neue Orte so sehr wie das Laufen. Doch nicht in jeder Stadt findet man sich sofort zurecht — und nicht bei jeder Reise hat man Lust und Zeit, sich passende Routen vor Ort rauszusuchen. Und manchmal gibt es im Internet auch schlicht keine Informationen, wo es sich gerade in kleinere Städten gut laufen lässt.
Genau hier kommt City Trail von Salomon (inzwischen Salomon Running) ins Spiel. Der Hersteller von Lauf- und Outdoor-Kleidung hat einen Guide entwickelt, bei dem Nutzer sehenswerte Laufrouten einstellen können — eine Art sportlicher Reiseführer durch Städte auf der ganzen Welt. Das Tolle daran: Neben Metropolen wie London, Stockholm, Helsinki oder Madrid finden sich in der City-Trail-App inzwischen auch Routen durch Orte wie Lüneburg, Coburg oder Reutlingen, Nancy, Cardiff oder Lodz. Dazu lassen sich mit City Trail auch Community-Runs — also Laufveranstaltungen in anderen Städten finden. Wenn man Glück hat, läuft man auf seiner nächsten Reise also nicht alleine durch die Stadt. Vielleicht eine der besten App-Ideen der letzten Jahre.
OS: nur noch als Online-Dienst verfügbar
Preis: kostenlos
6. Freeletics
Ein guter Läufer braucht zwei Füße und zwei Beine — der Rest des Körpers ist nicht so wichtig? Von wegen. Neben dem Training der unteren Körperhälfte nämlich spielen Rumpf, Arme, Oberkörper oder Nacken eine entscheidende Rolle dabei, nicht nur schnell, sondern auch gesund zu laufen. Wer auf Dauer glücklich unterwegs sein will, sollte deshalb ein entsprechendes Training mit einplanen. Und wer keine Lust hat, das in einem Fitnessstudio zu tun, wird vielleicht irgendwann auf Freeletics aufmerksam werden.
Freeletics ist ein Fitness-Trend, den es auch unter anderen Namen gibt — einfach mal nach »Training mit dem eigenen Körpergewicht« suchen. Und das beschreibt auch schon, worum es geht: um Übungen, für die ich eigentlich keine Geräte brauche — Liegestützen, Kniebeugen, Klimmzüge und mehr. In der Basisversion ist die App, hinter der eine inzwischen ordentlich große Community steht, kostenlos, jedoch stehen dann auch nur ein paar wenige Übungen und Workouts zur Verfügung. Wer mehr will, muss zahlen, knapp 80 Euro für zwölf Monate, was in meinen Augen ein durchaus fairer Preis ist. Dafür bekommt man zusätzlich zum Rest auch einen Coach, der einem individuelle Übungen mitgibt. Und hier kommt wieder das »Eigentlich« ins Spiel. Wer den Coach nämlich wirklich ausreizen will, braucht eine ordentliche Trainingsmatte und mindestens eine Klimmzugstange. Darüber hinaus machen sowohl die App, die mit wirklich gut gemachten Erklärvideos daherkommt, als auch die Community, in der man schnell Anschluss findet, richtig viel Spaß. Nur eins ist gerade für Einsteiger durchaus gefährlich: Freeletics setzt auf Motivation durch Bestzeiten, hierfür gibt es Extrapunkte und von vielen Community-Mitgliedern auch Extra-Likes (»Claps« genannt). Gerade am Anfang sollte man deshalb höllisch aufpassen, sich nicht zu überschätzen. Neben dem Muskelkater seines Lebens drohen sonst bei Übungen wie Burpees, Jackknives oder Pistols auf Dauer auch ernsthafte Schäden. Wer sich jedoch zurückhalten kann und in der Lage ist, langsam einzusteigen, bis er nicht nur die richtige Technik beherrscht, sondern auch eine gewisse Fitness hat, wird mit Freeletics viel Spaß haben — und vor allem ein großartiges Ergänzungstraining zum Laufen bekommen.
7. MyFitnessPal
Wer in einem der App-Stores mal nach dem Schlagwort »Kalorien« sucht, wird erschlagen von Angeboten. Kein Wunder — Abnehmen ist und bleibt ein Trend, ein durchaus gefährlicher leider dazu. Vermeintlichen Idealen nachzueifern, kann zügig ungesund werden, mit dem eigenen Körper unglücklich zu sein, aber leider auch. Und: Beim Laufen ist es durchaus ein Unterschied, ob ich mit fünf Kilo mehr oder weniger unterwegs bin. Doch es gibt noch andere Gründe, warum ich eine App wie MyFitnessPal auf meinem Smartphone habe.
Installiert habe ich sie mir schon vor längere Zeit aus dem Interesse für das, was ich tagtäglich so esse. Die Motivation abzunehmen oder Kalorien zu zählen, hatte ich gar nicht, aber ich wollte ein Gefühl dafür entwickeln, was ich so zu mir nehme und wie viel ich eigentlich wirklich brauche, dafür, in welchen Lebensmitteln was drin ist. Irgendwann kam zu einem ordentlichen Ernährungs- und Trainingsplan dann aber noch etwas anderes dazu: In den Vorbereitungsphasen für einen Halbmarathon oder Marathon gehe ich vier bis fünf Mal die Woche laufen, 300 Kilometer oder mehr in einem Monat sind da keine Seltenheit. Und gerade in solchen Phasen ist es wichtig, auf die Kalorien zu achten — was heißt: auch wirklich genug davon zu kriegen, um den Muskeln genügend Nährstoffe zu geben, sich aber auch nicht überzuversorgen. Inzwischen ist MyFitnessPal für mich ein unverzichtbarer Begleiter geworden. Ich fülle ihn nicht mehr Tag für Tag zu 100 Prozent aus, aber er hat mir beigebracht, Kalorienverbrauch und meine Ernährung in ein ordentliches Gleichgewicht zu bringen — etwas, was meiner Meinung nach die wenigsten Menschen schaffen.
Aus 7 mach 1?
Die sieben Apps, die ich hier vorgestellt habe, sind alle nicht perfekt. Sie alle haben ihre Macken, ihre kleinen Fehler in Sachen Usability oder Design. Doch sie alle haben sich auf ihre Art bewährt. Eigentlich warte ich ja noch auf den einen Anbieter, der aus all dem, was ich hier aufgeschrieben habe, eine einzige App macht. Diese eine, eierlegende Wollmilchsau für Läufer. Doch ich weiß auch: Das wird nicht passieren.
Ich weiß aber auch: Da draußen gibt es etliche Apps, die ich noch nicht kenne. Apps, die Ihr vielleicht nutzt und liebt und gerne empfehlen würdet. Deshalb kommt zum Schluss auch wieder meine Neugier durch: Schreibt mir doch in den Kommentaren, womit Ihr trainiert oder Euer Läuferleben einfacher macht. Ich bin gespannt!
Screenshots: itunes.apple.com
Ich benutze — nach anfänglichen Blitzproben verschiedener anderer Anbieter wie Nike und Runkeeper — seit zwei Jahren Runtastic Pro und bin damit sehr zufrieden. Hast du das mal ausprobiert? Die haben darüber hinaus auch ganz nette Alternativen zu Freeletics im Angebot, wenn einem das für den Anfang zu viel ist.
Doch, Runtastic hatte ich auch schon mal in der Hand — und war gar nicht unglücklich damit. Aber ich häng halt irgendwie ein bisschen an Nike. Da sind schon echt viele Daten drin, da sind Leute, die ich mag und schlecht ist die App halt auch nicht. Aber mal gucken, wenn ich die neue Uhr hab, werd ich glaub ich eine Entscheidung treffen.