Wenn ich an die Küche meiner Mutter denke, die Küche also, in der ich meine ersten Gerichte gekocht habe, dann denke ich an zwei Dinge besonders gerne zurück: das große Dr.-Oetker-Kochbuch, einen schweren Schinken mit orangefarbenem Plastikeinband, und das Handrührgerät. Viel mehr Hilfsmittel waren nicht nötig, in dem Kochbuch standen so großartige Rezepte wie Toast Hawai drin, mit dem Handrührgerät ließ sich vom Pfannkuchen- bis zum Hefeteig alles nur vorstellbare verrühren und verkneten. Zwei Hilfsmittel, die etliche Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte überstanden haben — ich glaube, das Kochbuch gibt es sogar heute noch.
»We’re curious, we’re adventurous, and we’re becoming more confident in the kitchen. Cooking is no longer just about choosing gas or electric, like it was for our mothers› generation. Our procedures are evolving: we’re inventing new ways, and bringing back forgotten ones.«
Sejal Sukhadwala: »Cooking techniques: back to the future«
30 Jahre später stehen in Küchen ganz andere Geräte, vom Dampfgarer bis zum Sous-vide-Topf, vom Chemiebaukasten für die Molekularküche bis zu japanischen Teppanyaki-Grillplatten. Zugegeben, das Meiste davon langweilt mich eher, als dass es mich fasziniert. Doch immer wieder stolpere ich im Netz auch über Haushaltsgadgets, die mich begeistern — oder die meinen Spieltrieb wecken. Die folgende fünf könnten sogar schon bald in meiner Küche stehen, zumindest ein paar davon. In der gibt es übrigens auch ein Handrührgerät: das gleiche Modell, das auch meine Mutter schon hatte.
1. Drop: Now anyone can bake
Das Startup Drop rund um seinen CEO Ben Harris ist mir zum ersten Mal in diesem Jahr beim Web Summit in Dublin über den Weg gelaufen. Hier hat Harris auf dem Food Summit seine App samt dazugehöriger Küchenwaage vorgestellt, die es selbst unerfahrenen Hausfrauen und ‑männern ermöglichen soll, zu backen. Und noch einiges mehr.
Das Konzept dabei: Die App (die es für das iPad Air, das iPad Mini und die iPads der 3. und 4. Generation gibt) wird per Bluetooth mit der Waage verbunden. Nach dem Aufruf des Rezepts wird Schritt für Schritt angezeigt, was in die Schüssel kommt. Eier, Butter, Zucker, Mehl, alles mit den entsprechenden Gewichtsangaben. Nach jeder Zutat springt die App automatisch zur nächsten, die Waage verkraftet dabei von null bis sechs Kilo eine ganze Menge. Dabei rechnet die App automatisch die Rezepte hoch oder runter, wenn mehr oder weniger als die angegebene Menge gemacht werden soll, ein Feature, das für Zutaten, die nicht im Haus sind, einen adäquaten Ersatz anzeigt, ist in Planung. Der Preis: 99,95 Dollar. Kein Schnäppchen, aber eine klasse Idee.
2. Miito: Reimagine the electric kettle
Es gibt nicht viele Wasserkocher, die wirklich schön sind. Schicker ist da schon der klassische Teekessel, beide aber haben ein Problem: den Energieverbrauch. Das Unternehmen Miito, hinter dem der dänische Designer Nils Chudy und seine Partnerin Jasmina Grase alias »Chudy & Grase« stecken, macht da eine einfache Rechnung auf: Meistens kochen Wasserkocher mehr Wasser auf, als benötigt wird. Würde man diese umsonst verbrauchte Energie einen Tag lang sammeln, ließen sich damit eine Nacht lang alle Straßenlaternen Englands beleuchten.
Das Problem dahinter ist ein alltägliches. Wer macht sich schon die Mühe und misst mit seiner Tasse oder seinem Becher genau so viel Wasser ab, wie er wirklich erhitzen will? Kaum jemand. Deshalb haben Chudy und Grase den Miito erfunden, einen schlanken Metallstab, zu dem eine schwarze Basisstation gehört. Stellt man nun ein mit einer Flüssigkeit gefülltes Gefäß auf diese Basis und den Stab in das Gefäß, erhitzt der Miito die Flüssigkeit durch Induktion. Die perfekte Menge heißes Wasser für den Tee? Kein Problem mehr. So können wir also nicht nur den klobigen Wasserkocher durch ein schickes Stück Design ersetzen, sondern gleichzeit auch noch helfen, eine ganze Menge Energie zu sparen. Ob die Engländer die dann für ihre Straßenlaternen einsetzen, wäre mir fast egal. Das einzige Problem? Noch ist Miito ein Prototyp. Wollen wir hoffen, dass Chudy und Grase schnell eine Kickstarter-Kampagne draus machen.
3. CounterCrop: The Modern Way to Grow Your Own Food
Apropos Kickstarter-Kampagne: Kommen wir zu CounterCrop. Wir haben das große Glück, eine Dachterrasse zu haben, auf der im Sommer einiges an Kräutern und Gemüse wächst. Und gedeiht — manchmal zumindest. Doch manche Pflanzen sind heikel, sie vertragen keinen Regen oder brauchen mehr Licht als wir ihnen bieten können, sie mögen keinen Wind und selbst der niedersächsische Sommer ist ihnen zu kalt. Eine Lösung könnte eben CounterCrop sein, eine Art Mini-Hightech-Gewächshaus für die Wohnung.
CounterCrop ist ein schicker Container mit integriertem LED-Licht und Bewässerungssystem. Ausgestattet mit einer Fernbedienung können hier Kräuter, Salat, Möhren und anderen kleinere Nutzpflanzen großgezogen werden. Das LED-Licht imitiert dabei die Sonnenstrahlen und voreingestellte Aufzuchtprogramme sollen selbst Menschen mit schwarzem Daumen zum Erfolg verhelfen. Aktuell läuft für CounterCrop eine Crowdfunding-Kampagne, die in 33 Tagen zu Ende geht, das Ziel von 75.000 Dollar haben die Macher*innen aber jetzt schon um mehr als 6.000 Dollar übertroffen. Sieht also so aus, als käme dieses schicke Stück tatsächlich in den Handel. Der voraussichtliche Ladenpreis: stolze 379 bis 399 Dollar. Plus Versand.
4. Blossom: Precision Coffee Brewing
Dass ich einen Faible für Kaffee und seine unterschiedlichen Zubereitungsarten haben, könnte einigen Leser*innen schon aufgefallen sein. Ob AeroPress, vietnamesischer Cà phê phin oder Espresso to go — ich kann mich für viele Varianten begeistern.
Vor kurzem aber habe ich eine Maschine entdeckt, die auf den ersten Blick wirk wie eine klassische Siebträgermaschine, doch sie kocht Filterkaffee. Die Besonderheit dabei: Die Blossom hält die einmal voreingestellte Wassertemperatur für die gesamte Brühdauer — auf das Grad genau. Diese Akuratesse soll für weniger Bitterstoffe und weniger Säure im Kaffee sorgen, die durch Temperaturschwanken beim Aufbrühen entstehen. Doch die Macher*innen gehen noch weiter: Da jeder Kaffee seine eigene Zubereitung und Temperatur verdient, lassen sich Brühprogramme abspeichern und dann für jede Tasse oder jede Kanne abrufen. Das Ergebnis: »Aeropress meets Clover«, so die Erfinder. Der einzige Haken: Das gute Stück kostet schlappe 4.950 Dollar. Vielleicht doch eher was für mein erstes Café.
5. Goose: Play with your food
Mal keine Lust auf das beste Rührei der Welt? Oder ein klassisches gekochtes Ei? Dann gibt es seit kurzem ein etwas absonderlich anmutendes Spielzeug, das für Sie vielleicht genau das Richtige ist: Goose. »Play with your food«, lautet der Slogan des kleinen Plastikteils, mit dem sich »goldene Eier« machen lassen. Was das ist? Quasi ein Rührei in der Schale.
Für die Zubereitung wird ein handelsübliches Hühnerei in die Vorrichtung eingespannt und dann durch die ineinander verzwirbelten Schnüre so lange extrem schnell gedreht, bis das Eigelb und das Eiweiß im Inneren miteinander verquirlt sind. Dann wird das Ei gekocht und das Ergebnis ist: ein goldenes Ei. Das kriegen sie auch so hin? Dafür müssen sie keine 24,99 Dollar ausgeben? Ich bin da nicht sicher. Mich jedenfalls hat dieses kleine analoge Gadget extrem neugierig gemacht.
Küchenhelfer von 25 bis 5.000 Dollar
Fünf Küchenhelfer von 25 bis 5.000 Dollar. Eine ganz schicke Bandbreite. Jedes davon würde sich glaube ich ziemlich gut in meiner Küche machen, mit jedem hätte ich glaube ich eine ganze Menge Spaß. Doch vielleicht habe ich ja auch noch ganz viel übersehen? Vielleicht gibt es ja noch ganz viele Startups, die viel abgefahrenere Haushaltsgadgets entwickelt haben? Wenn das so ist, freue ich mich über Tipp uns Hinweise. Und sonst: wünsche ich viel Spaß beim Shoppen und Kochen.
Sehr schöner Artikel!
Den Counter Crop habe ich direkt mal mit finanziert. Auch wenn der Ei-Quirler auch fast zu geil ist.
Der Ei-Quirler ist vor allem bezahlbar. ;-)
Alles unnötiger Mist. Kaufen kaufen kaufen…
Wer nicht backen kann, soll es einfach lernen. Die richtige Wassermenge für den Wasserkocher misst man gefälligst ab, anstatt zu faul dafür zu sein. Das Mini-Gewächshaus ist viel zu klein und mit ein wenig Geschick für den Viertel des Preises selbst zu bauen. Die Kaffeemaschine etwas für Leute, die einen lächerlich überzogenen Anspruch haben und nicht wissen, wohin mit ihrem Geld. Und Goose ein Plastik-Spielzeug, dass nach 3 Mal in der Ecke liegt.
Guten Appetit!
1. Wer nicht backen kann, lernt es vielleicht mit Drop? 2. Schon mal Milch in einem Wasserkocher heiß gemacht? 3. Was ist mit Leuten, die kein Geschick oder keine Lust zum Basteln haben? 4. Ich finde, bei Kaffee kann es gar keine überzogenen Ansprüche geben. 5. Dann hatten die drei goldenen Eier wenigstens einen angemessenen Preis. ;-)