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(Tat)Orte

Obwohl in den Medi­en tagtäglich über Katas­tro­phen, Ver­brechen und andere Scheußlichkeit­en berichtet wird, bekom­men Zuschauer und Leser davon sel­ten wirk­lich etwas zu sehen. Gezeigt wer­den meist die Bilder nach dem eigentlichen Geschehen, die Tatorte, wenn bere­its das Schlimm­ste vor­bei ist. Das ist gut so und für die Ein­hal­tung gewiss­er Gren­zen sorgt — zumin­d­est in unserem Land — neben der Ethik auch ein­er moralis­ch­er Presse-Codex. So ist es für die Redak­teure der meis­ten Medi­en beispiel­sweise selb­stver­ständlich, keine Leichen oder Leichteile zu zeigen. Dabei wäre das Ange­bot an drastis­chem Mate­r­i­al dur­chaus vorhan­den. Das beweist jet­zt auch eine Ausstel­lung mit dem schlicht­en Titel »(Tat)Orte« im NRW-Forum in Düs­sel­dorf. Es sind Fotografien ver­schieden­er Reporter, darunter von Leg­en­den wie Weegee, Arnold Oder­matt, Enrique Metinides oder aus dem LA Police Archive. Sie zeigen genau das, was nor­maler­weise im Archiv ver­schwindet. Leichen, Ret­tungsar­beit­en, grausame Szenen. Dabei stellt sich die Frage, ob in dem Moment, in dem diese Bilder zu ver­meintlich­er Kun­st erk­lärt wer­den, die son­st gel­tenden ethis­chen Gren­zen ver­let­zt wer­den dür­fen und ob Fotografien einzig auf­grund ihrer handw­erk­lichen Qual­ität und einem öffentlichkeitswirksamen …

Es geht voran

Wahlwer­bung ist lang­weilig. Auf allen Plakat­en schönge­föh­nte Men­schen unter immer­gle­ichen Slo­gans, das jew­eilige Parteil­o­go dazu, fer­tig. Ganz anders sah das noch vor achtzig Jahren aus. Da waren Wahlplakate Sache der Kün­stler, der Avant­garde. Mit 160 Arbeit­en zeigt die Lan­gen Foun­da­tion seit Son­ntag einen kleinen (!) Teil der Samm­lung Mer­rill C. Berman, »Graphis­che Arbeit­en der Avant­garde 1918–1934«. Da trifft man dann auf Hel­mut Herzfelds (aka John Heart­field) Plakat für Ernst Thäl­mann, auf dem ein klein­er, abgemagert­er Junge in ein Stück Brot beißt, über­schrieben mit: »Das let­zte Stück Brot raubt ihnen der Kap­i­tal­is­mus«. Doch nicht nur poli­tis­che Arbeit­en wer­den gezeigt, son­dern auch Wer­bung für Möbe­lausstel­lun­gen, Col­la­gen oder Arbeit­en für den Film wie Anton Law­in­skis Plakat für denEisen­stein-Streifen »Panz­erkreuzer Potemkin«. Alles war neu in dieser Zeit. Es gab das Neue Bauen, das Neue Wohnen, es ging voran, Kun­st und Gewerbe über­schnit­ten sich. Die Typographen exper­i­men­tierten mit Schriften und Schnit­ten, Dada stand in voller Blüte, und die Fotografie war mit 100 Jahren ein bere­its etabliertes aber immer noch span­nen­des Feld. All dies lässt sich in den Plakat­en und Grafiken …

Zimzimzim

Dada, so hat Hans Arp ein­mal gesagt, sei zwar Unsinn, aber noch lange nicht ohne Sinn. Und bis heute lässt sich der Dadais­mus kaum auf »zimz­im urul­lala zimz­im« oder die Protesthal­tung der Beteiligten ein­dampfen. In Zürich nun, mit dem Cabaret Voltaire Geburt­sort der Bewe­gung, feiert mor­gen der kleine Dada Kim Osari­men seinen ersten Geburt­stag, an dem Tag, an welchem der Dadis­mus 90 wird. Und sein Name ist kein Zufall. Die Eltern haben für diese Wahl vom Schweiz­er Kün­stler­duo Com&Com 10.000 Franken erhal­ten. Dafür wird sei­ther das Leben des Jun­gen gefilmt, notiert, ver­mark­tet. Alles aus der Überzeu­gung her­aus, dieses Pro­jekt lasse »gewisse Ideen und Strate­gien der dadais­tis­chen Bewe­gung neu aufleben«. Das ist hoch gegrif­f­en. Um das Ziel zu erre­ichen ist den Mach­ern zumin­d­est kein Ein­fall zu flach, inzwis­chen gibt es »Gugus Dada Song«, es gibt Schnuller und andere Fanar­tikel zu kaufen. Und auf die Frage nach dem Kun­stcharak­ter gibt die Inter­net­seite die lap­i­dare Antwort: »Die bei­den Autoren von Gugus­da­da, Johannes M. Hedinger und Mar­cus Gos­solt von der Kün­st­ler­gruppe Com&Com sind bei­de Konzep­tkün­stler.« Der kleine Dada kann …

Klappe auf

Erin­nern Sie sich noch an Ihren let­zten Kun­straub? Na, was war es denn? Ein Renoir, Van Gogh oder nur irgen­dein mick­riges Geschmiere? Sollte es sich um etwas Promi­nentes gehan­delt haben, wer­den Sie wohl schnell fest­gestellt haben, dass sich das gute Stück zwar deko­ra­tiv im Wohnz­im­mer macht, aber irgend­wie schw­er zu veräußern ist, so ganz ohne die passenden Kon­tak­te. Oder tut Ihnen der Künstler/Galerist/Museumsdirektor vielle­icht sog­ar leid, dem jeden Tag beim Vorüber­schre­it­en der leeren Wand ganz flau im Magen wird? Dann auf nach Köln, die Lösung heißt Kun­stk­lappe und wird heute um 19 Uhr im Hirschgäss­chen 2a feier­lich eröffnet. Ähn­lich wie bei unge­woll­ten Babys kann hier dann gestoh­lene Kun­st zurück­gegeben wer­den. »Die ther­a­peutis­che Idee daran muss so ver­standen wer­den, dass der Räu­ber in der End­losss­chleife zwis­chen Straßen-Kun­st hier und Kun­stk­lappe dort, wit­z­los leichter Beute und scham­los leichter Reue anfängt, am Ethos seines Berufes zu zweifeln und sich nun umschulen läßt.« (FAZ) Ob das wirk­lich funk­tion­ieren wird, mag dahingestellt sein, immer­hin aber — die Idee hat einen ern­sten Hin­ter­grund, arbeit­en die Kün­stler Mous­sa Kone und Erwin Uhrmann, …

Nam June Paik †

Nam June Paik, ein­er der bedeu­ten­den Kün­stler der let­zen 50 Jahre, ist gestern in Mia­mi gestor­ben, wie auf sein­er Inter­net­seite zu lesen ist. Der 1932 in Seoul geborene Paik gehörte als Kom­pon­ist, Medi­en- und Per­for­mancekün­stler zu den weni­gen echt­en All­round­tal­en­ten der Kun­st des 20. Jahrhun­derts. Berühmt gewor­den durch seine teil­weise raum­fül­len­den Mon­i­­tor-Instal­la­­tio­­nen war er seit 1996 an den Roll­stuhl gefes­selt. Einen guten Überblick über das Werk bietet Wikipedia. Wer eine der Arbeit­en live erleben möchte, dem sei das 1993 angekaufte »Bran­den­burg­er Tor« im Muse­um Lud­wig in Köln emp­fohlen. Nach­trag | Dien­stag, 31.01.2006 — 10:51:11 Uhr: Das »Bran­den­burg­er Tor« befind­et sich zurzeit im Depot. Auf­grund fehlen­der Ersatzteile für die ver­wen­de­ten Mon­i­tore scheint es den Restau­ra­toren Schwierigkeit­en zu machen.